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Wenn Papa ein Neonazi ist

Ich habe mir abgewöhnt, direkt über Leute nachzudenken, die ich mit Stiefeln, kahlgeschorenem Kopf, und eindeutigen Symbolen auf den Klamotten da draußen rumlaufen sehe. Mach ich nicht mehr. Dafür sieht man die einfach zu häufig. Es ist eher so ein Problem, das sich aus der Summe derer zusammensetzt, worüber ich mir dann doch wieder Gedanken mache. Wenn ich persönlich mit so jemandem zusammentreffe und mich aus irgendeinem Grund mit dem auseinandersetzen muss, sieht das auch etwas anders aus.

Heute sah ich mal wieder so einen Typen. Er wog circa 150 Kilo, trug Glatze, Stiefel, jede Menge eindeutige Aufnäher auf der Jacke und hatte seine Tochter am Arm. Er war herzlich mit ihr, lachte mit ihr und machte jede Menge Späße. Da kam in mir die Frage auf, wie das wohl so ist für ein Kind, wenn der Vater Neonazi ist? Was erzählt er ihr wohl, wenn er die Bahn verlässt, über die dunkelhäutige Frau erzählen, die in der Bahn neben ihm stand. Was, über den Türken, der vorne den Dönerladen macht? Was erzählt er ihr wohl, über Toleranz, über Respekt, über das menschliche Miteinander im Allgemeinen. Spricht er überhaupt mit ihr über so etwas, oder blendet er das aus? Redet er mit ihr genauso über solche Themen, wie er das mit seinen Kumpels macht? Ob er sie, vielleicht sogar unbewusst, politisch agitiert, ohne zu ahnen, was das Kind damit gedanklich mal anstellt? Wer sind die Guten, wer sind die Bösen? Und wie vermittelt er das wohl? Und wie wohl wird sie das später mal empfinden, wenn sie erstmal 18 ist?

Kann sein, vielleicht ist er auch genauso, wie man es von einem „guten Vater“ nicht anders erwarten würde. Vielleicht ist er sogar genau das. Dennoch treibt mich die Frage, wie er sich seiner Tochter gegenüber gibt, wenn er über Deutschland spricht. Über Ausländer, Schwule, Juden und über seinen Opa.

Es war so unwirklich. Er wirkte so verdammt menschlich im Umgang mit seinem Kind. So, wie ich es mir nicht vorgestellt hätte.

3 Kommentare

  1. lahnix18. März 2008 at 21:50

    Kaum zu glauben: Adolf war auch „nur ein Mensch“ und hatte den Büchern nach seine Eva und seine Blondie lieb.

    Kunstinteressiert und Familienmenschen waren die Oldschoolnazis auch. Deswegen waren es trotzdem Nazis.

  2. Saint18. März 2008 at 22:19

    Das will ich auch gar nicht in Abrede stellen. Vielmehr würde ich mir echt mal anhören wollen, wie er dem Kind seine Welt erklärt.

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