Hier in Potsdam ist am 25.05. nicht nur Europa-Wahl sondern auch gleichzeitig Kommunalwahl. Die ist nicht allen egal. Einige derer, die diese Stadt zumindest in Teilen einst zu dem gemacht haben, was sie auch heute – zumindest in Teilen – immer noch ist, sind frustriert. Wenn sie überhaupt noch hier sind. Die Mieten kann man als Normalverdiener kaum noch zahlen, Orte an denen alternative Kultur damals überhaupt für kulturelles Leben sorgte, wurden gnadenlos auf schön geföhnt und totsaniert, die Stadt verkommt zum preußischen Museum, einige gehen weg. Dorthin wo noch Platz ist für kulturelle Freiräume. Für bezahlbare Ateliers, Proberäume, Visionen oder gar nur für bezahlbaren Wohnraum. Probleme, wie viele Städte sie halt haben. Man kennt das.
Es wäre vermessen, das nur der SPD ans Knie kleben zu wollen. Auch Die Linke fingert hier seit dem Fall der Mauer in der Stadtpolitik mit rum, wenn auch nicht immer mehrheitsfähig und schon etwas preußisch zurückhaltender als eben die SPD es tut. Die aber bleibt hängen, wenn man sich in der Stadt umhört. Ob das fair ist oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Man schwenkt hier nur allzu gerne die Fahne der Sozialdemokratie, die städtische Entwicklung hingegen spricht für viele der Alteingesessenen offenbar eine andere Sprache.
Vielleicht wurden in den letzten Wochen auch genau deshalb hier von irgendwelchen Leuten Plakate geklebt, die Aussagen im Namen der SPD verbreiten, die die SPD so nie von sich geben würde. Auch wenn die kommunalpolitische Entwicklung das durchaus vermuten lassen könnte. Die SPD allerdings ist über die gefakten Plakate alles andere als amüsiert, Vertreter der Linken sprechen von Satire. Wenn man es allerdings ganz genau nimmt, ist das sehr viel ernster als Satire zu sein versucht. Irgendwer hat da mit einem 800-Gramm-Hammer in Form von in der Stadt geklebten DIN-A2 Plakaten so einigen realistischen Nägeln auf den Kopf getroffen. Die SPD kotzt.
… im Regine-Hildebrandt-Haus [Geschäftsstelle des SPD-Landesverbands Brandenburg] an der Friedrich-Ebert-Straße versteht man diesbezüglich nicht mal ein Späßchen. „Das ärgert uns enorm, das sind ja schließlich nicht unsere Inhalte, die wir vertreten. Deshalb haben wir Anzeige gegen Unbekannt gestellt, wegen unerlaubten Benutzens unseres Logos und wegen Sachbeschädigung“, sagte SPD-Unterbezirksgeschäftsführerin Nadine Lilienthal gestern.
Ich finde diese Guerilla-Art im Sinne von „denk mal noch mal drüber nach, was Du hier wählen willst“ allerdings ziemlich großartig. Wir brauchen viel mehr davon. Auch auf Bundesebene, wenn mich einer fragt. Warum auch sollen nur die Parteien ihre Sicht der Dinge auf Wände kleben dürfen, während das dem Wähler verwehrt bleibt und seine Meinung dazu einzig an der Wahlurne abgefragt wird?
Aber das ist hier längst nicht alles. Wenn man diesen Artikel der MAZ liest, denkt man ja fast an mafiöse Strukturen auf Ebene des kommunalen Wahlkampfes. Denn nicht nur die SPD ist erzürnt, nein, die Eierköppe von der AfD jammern gar ein bisschen. Darüber nämlich, dass im gesamten Stadtgebiet fast jedes AfD-Plakat „von seiner Halterung gerissen und teils in einem solchen Ausmaß demoliert“ worden sei, „dass eine Wiederanbringung nicht mehr möglich ist“, erklärt AfD-Sprecher Dennis Hohloch und trocknet sich die Tränchen. Auch darüber lacht die Linke, die sich für meinen Geschmack hier viel zu oft hinter den anderen zu verstecken versucht, obwohl sie hier Politik sowohl auf Kommunal- als auch auf Landesebene mitgestaltet. Wohl auch deshalb kamen bei der letzten Bundestagswahl jede Menge Plakaten des Linken-Kandidaten abhanden.
Nur die CDU hat keinen Grund zum Weinen, aber die wählt hier eh keiner.
Alles in allem ist auf diese Stadt dann immer noch Verlass. Vielleicht in der Hoffnung, letztlich nicht ganz im preußischen Antlitz ersaufen zu müssen.