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Schlagwort: Protest

Gestern in Chemnitz

Es wäre naiv, zu glauben, dass dieser Abend gestern in Chemnitz die Verhältnisse umkehren wird. Das aber war auch der Anspruch nicht. Es wäre ebenso naiv, zu glauben, dass sich dort 65.000 Menschen versammelt haben, die sich per se als Antifaschisten sehen würden. Aber auch das war der Anspruch nicht. In den letzten Wochen wurde viel darüber geschrieben, dass sich endlich die „Zivilgesellschaft“ auf der Straße positionieren müsste. Dort hat sie es gestern – zumindest in Teilen – getan, so mein Eindruck des gestrigen Abends. Dass sich viele Konservative davon jetzt immer noch distanzieren, überrascht wenig. Nur von denen kommt halt auch so mal gar nichts, was sich gegen Rechtsradikale auf die Straße stellt, um denen zu zeigen, dass sie dort nicht erwünscht sind. Also so wirklich gar nichts, außer dass sie über „den Antifaschismus“ diskutieren wollen, denen sie in großen Teilen offenbar ablehnen. Als wäre es nicht das Normalste der Welt, Faschismus in all seinen Formen abzulehnen. Da wird dann über Deutungshoheit geschwurbelt und versucht Rechts und Links gleichzusetzen, so dass sich die Hufeisen in ganz Sachsen von alleine biegen.

Da wird Steinmeier kritisiert, der auf ein Konzert gegen den Rechtsruck hinweist, weil dort eine Band spielt, der vor Jahren im Verfassungsschutzbericht Mecklenburg Vorpommerns mal mehr Platz als dem damals dort mordenden NSU und allen rechten Umtrieben in jenem Bundesland eingeräumt wurde. Man muss allerdings feststellen, dass diese Band in den letzten Jahren mehr Arbeit gegen Nazis geleistet hat, als vermutlich alle konservativen Politiker zusammen. Weil hier es hier schon immer wichtiger war, mal zu machen, anstatt immer nur viel zu erzählen. Und das tun die Jungs. Sie geben die guten Leuten das Gefühl, nicht alleine dazustehen. Und ich kenne das Gefühl, ich habe es in den 90ern selber so in Brandenburg erlebt. Nur gab es damals kaum welche, die dieses Gefühl vermitteln konnten. Meistens standen wir alleine da – da hat kaum jemand versucht, uns vor den aufkeimenden Nazis zu schützen. Die Politik und auch die Polizei nicht.

Man muss das Konzept dieser Art von Aktivismus nicht gut finden, ich halte die Kritik darum für berechtigt und kann sie nachvollziehen, bin in dem Fall allerdings doch ganz klar für die Unterstützung dieser oder gerne auch folgender Aktionen. Weil ich sie gerade jetzt für verdammt wichtig empfinde. Auch weil man eben den Arschlöchern zeigt, dass denen eben nicht die Straßen einer Stadt gehören – und sei es erst mal nur für einen Abend. Und ja, dazu gehört auch, dass am Ende gut 50.000 Leute „Alerta, altera, Antifascista!“ durch die Innenstadt skandieren, so dass es hoffentlich jeder dort gehört hat. Weil Antifaschismus gesellschaftlicher Konsens sein muss – und der sollte hörbar sein. Hoffentlich mehr als nur das.

Klar, wird dieser Abend nicht alles zum Besseren ändern, aber er setzt Zeichen. Wichtige Zeichen, in diesen dunklen Zeiten und gibt Hoffnung, dass eben doch noch nicht alles komplett im Arsch ist. Und wenn von diesen 65.000 Menschen nur ein Zehntel etwas mehr als nur einen „geilen Abend“ mit nach Hause nimmt, wurde was erreicht. Sei es erstmal nur das Bewusstsein, dass keiner irgendwo alleine stehen muss, wenn man sich organisiert. Immer. Und na klar, wird Pegida nächsten Montag nicht durch 7000 Gegendemonstranten in Dresden gestoppt werden, so sehr ich mir das wünschen würde. Wichtig aber ist, dass man an diese Leute denkt und sie unterstützt, soweit man kann, auch wenn man nicht dort sein kann. Und, und das vor allem, dass man sich dagegen wert, dass Protest gegen Nazis immer und immer wieder kriminalisiert wird. Das nämlich tun gerade Konservative, gerade in Sachsen außerordentlich gerne.

Im besten Fall fangen ein paar der jungen Menschen, die ich dort gestern gesehen habe, sich irgendwie an politisch nachhaltig zu engagieren. Dann bleibt der Abend mehr als nur ein „geiler“.

Hier der solche Abend als Mittschnitt.

https://youtu.be/T5zhHhkMosQ
(Direktlink)

Und den Leuten, die der AfD-Propaganda von wegen „auf Gräbern tanzen“ auf den Leim gegangen sind: das hätte dort gestern nicht stattgefunden, wenn die, die dort vorgaben, trauern zu wollen, nicht abhitlernd durch die Straßen gezogen wären. Nicht auf Migranten, migrantisch aussehende Menschen, Journalisten und Linke losgegangen wären. Es war eine Reaktion auf genau das, was dort eine Woche vorher an Menschenhass durch die Straße getragen wurde, weil irgendwelche Arschlöcher, ganz gleich vorher die kamen, einen Menschen aus dem Leben gerissen haben, was dann keiner so derartig schnell instrumentalisierte wie eben die AfD. So.

Und jetzt weiter den Arsch hoch!

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Casper und Marteria, Feine Sahne, Kraftklub, die Hosen und mehr am nächsten Montag für umme in Chemnitz

Das Line Up hat sich mittlerweile deutlich erweitert. Mit Dabei:

Die Toten Hosen
Feine Sahne Fischfilet
K.I.Z.
KRAFTKLUB
Marteria & CASPER
Nura030 (SXTN)
TRETTMANN

Zwischendurch und vorne weg: DJ Ron & DJ Shusta

Casper und Marteria haben angekündigt, nächsten Montag kostenlos dort zu spielen, wo am letzten Montag noch die menschenverachtenden Arschlöcher demonstrierten: vor dem Karl-Marx-Monument in Chemnitz. Wer dort in der Nähe ist oder auch einen längeren Weg auf sich nehmen möchte, bitte schön.

https://twitter.com/CASPERxOFFICIAL/status/1034478270635548672

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Pegizei Mural in Dresden

Nach der Pöbelei des Fischerhut tragenden LKA-Mitarbeiters und dem polizeilichen Umgang mit der Situation ging auf Twitter der Hashtag #pegizei steil. Ministerpräsident Kretschmer verurteilte das, trägt aber ansonsten nichts weiter zur Debatte bei und scheint irgendwie untergetaucht zu sein. Trotz oder gerade wegen seiner Meinung zu dem Hashtag hat man diesem in Dresden nun ein Mural gewidmet – und das kann sich durchaus sehen lassen.

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Gauland über die Strategien der AfD: Keine Konzepte, keine Antworten auf nichts, Klimawandel gibt es nicht – ihre AfD

Viele Fragen, keine Antworten auf nichts. Bisschen dolle erbärmlich. Ordentlich zerlegt, Thomas Walde. Potsdamer Prostest (<3) ab 00:11:45.
(Direktlink)

Shahak hat alle vermeintlichen Antworten auf all die vielen Fragen an Gauland mal zusammengefasst. Passt. Mehr ist’s halt nicht. Also nicht mehr als nichts. Kann weg.

https://twitter.com/ShahakShapira/status/1028728622759202816

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Ein spezieller Mülleimer in Reykjavík

Die Aufwertung eines Mülleimers in der isländischen Hauptstadt Reykjavík und das Foto davon stammen schon aus dem letzten Sommer, gehen aber aktuell zu Recht jetzt noch mal steil.

Das Iceland Magazine darüber:

A trash can in downtown Reykjavík has been transformed into a bold statement on tolerance, as some enterprising street artist has stenciled instructions on the can, directing people to „Keep Reykjavík clean“ by leaving their homophobia, sexism and racism in the can.

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Der Stadtrat von West Hollywood hat beschlossen, den Walk of Fame-Stern Donald Trumps entfernen zu lassen

Der Grund dafür ist nicht unbedingt die regelmäßige Zerstörung des Sterns, sondern diverse andere:

Als Grund nennen die Lokalpolitiker Trumps Verachtung gegenüber Frauen, seinen undurchsichtigen Kontakt nach Russland und Äußerungen über Einwanderer.

Ob der Stern tatsächlich entfernt wird, hängt von der Handelskammer in Los Angeles ab, die für den „Walk of Fame“ zuständig ist. Derzeit gäbe es keine Pläne, irgendeinen Stern von der Flaniermeile zu entfernen, hieß es in einer ersten Reaktion der Handelskammer. Man werde den Antrag aber prüfen.

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Kettcar – Mannschaftsaufstellung

Aus aktuellem Anlass.

Während wir hier in schönstem Sonnenschein über kroatische Inseln fahren, fällt mir erschreckend auf, wie sehr Kettcars Album „Ich vs. Wir“ in diesem Sommer knallt. Regelrecht in die Fresse haut. Bei fast jedem Song. Und nach den letzten beiden Tagen hier ganz besonders bei diesem.


(Direktlink)

(Liebe Hörerinnen und Hörer, sicher warten sie schon gespannt
Hier kommt sie: die Mannschaftsaufstellung für Deutschland)

Wir haben einen der die Steine reicht
(Einen der sie schmeißt)
Hoch motiviert, gut trainiert
Und sicher, dass wir hier nicht verlieren
Eine Mannschaft mit Kampfkraft
Die jetzt ihre Chance hat
Die jetzt ihre Chance sieht

Jeder weiß, jeder weiß
Worum es geht
Jeder weiß, jeder weiß
Worum es geht
Jeder weiß
Warum er hier steht

Wir werden Druck mit aller Macht ausüben
Aus der Deckung schießen, Hass und Lügen
Weltverschwörer auf der Sieben
Und zentral: Radikal, agressiv, stolz und national

Einer der im Weg steht, um die Retter zu blockieren
Fünf die applaudieren, während die anderen agitieren
Und einer der die Fahne trägt
Während einer mit Gewalt die Kameras zu Boden schlägt

[Hook]
Und als wir gemeinsam vor dem Radio saßen
Die Aufstellung hörten, unser Abendbrot aßen
Nahmst du meine Hand, und sagtest:
„Liebling, ich bin gegen Deutschland“

(Wir haben jetzt den Mannschaftskapitän am Mikrofon
Was habt ihr euch vorgenommen?)

Wir bilden eine Mauer, machen alle Räume dicht
Mit einem Populisten, der durch die Abwehr bricht
Ein‘ Stammtischphilosophen am rechten Außenfeld
Die Doppelsechs, die alles Fremde ins Abseits stellt

Einen Nationalisten als hängende Spitze
Zwei, drei Mitläufer für rassistische Witze
Für die Standards eine, die zuschlagen kann
Und die schweigende Mehrheit als zwölfter Mann

Mit falscher Neun und aus dem Block
Die Wut vom digitalen Mob
Als eingespielte Truppe
Immer Spitze in der Todesgruppe

[Hook]
Und als wir gemeinsam vor dem Radio saßen
Die Aufstellung hörten, unser Abendbrot aßen
Nahmst du meine Hand, und sagtest:
„Liebling, ich bin gegen Deutschland“

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Pussy Riot stört kurz das WM-Finale

Die WM ist vorbei. Frankreich ist Weltmeister. So, wie ich fast von Anfang an behauptet habe. Es gab keine der im Vorfeld befürchteten Ausschreitungen von irgendwelchen Hooligans. Es gab offenbar generell wenige Komplikationen. Bis heute.

Während des Finales stürmten drei Frauen und ein Mann in Uniformen auf den den Weltmeister machenden Platz in Moskau. In Uniformen. Die Aktion war schnell aufgelöst, kurz darauf reklamierte Pussy Riot den Platzsturm für sich. Verbunden damit mehrere politische Forderungen: Freilassung aller politischen Gefangenen, keine Festnahmen bei Demonstrationen. Kylian Mbappé klatscht, wenn auch genervt dreinschauend, ab.

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