Zum Inhalt springen

Schlagwort: Potsdam

Purple Velvet – Exclusive Nightflight Mix – 19.11.13

Diese Woche hatte ich zwei Jungs aus England am Start in meinem Nightflight auf Fritz… naja gut, wirklich am Start hatte ich sie nicht, aber sie haben den Exklusiv-DJ-Mix diese Woche zu meiner Sendung beigesteuert. Nachdem’s ja nun in der letzten Woche mit dem Cuthead-Mix ziemlich freaky, ordentlich verspielt und auch mal mit 90 BPM und weniger zur Sache ging, läuft’s diese Woche wieder ganz klassisch und gerade durch. Sehr schöner tiefer House, mit ganz vielen tollen Chords, netten Vocal-Parts, ab und zu auch mal ner knarzigen Bassline und durchweg oldschoolig-anmutendem Sound, der bei mir dafür sorgt, dass mein Fuß nicht still auf dem Boden stehn bleibt… eigentlich genau das, was man am Wochenende… ach eigentlich immer… im Club auf die Ohren bekommen will.

Purple Velvet heißen die Beiden und zusammen Musik machen sie schon länger… unter diesem Namen aber wohl erst seit etwa 2 Jahren. Irgendwann im letzten Jahr machten sie mal nen Release für den Kollegen Shir Khan und sein Label Exploited… das war das erste Mal, dass ich was von denen hörte. Dann folgte dieses Jahr ne dicke Scheibe bei den Schweden auf Local Talk und die „Death Of The Warehouse EP“ auf Dirt Crew… von der Platte hab ich wirklich jeden Track mindestens einmal im Nightflight gespielt… und nu waren Purple Velvet in der letzten Nacht mit nem DJ-Mix bei mir in der Sendung vertreten… geil!

Auf ihrem Soundcloud-Account verschenken sie auch gerade nen Track, so als kleines Dankeschön für den 2000sten Fan… äh… Follower… ansonsten gibt’s da natürlich noch jede Menge anderes Zeug zu hören… dazu is Soundcloud ja eben auch da.

Sooo… nu heißt’s Purple Velvet in the mix!..
… und wir lesen uns in der nächsten Woche wieder.

Tobi


Direktlink

Tracklist:

01. Moomin – I Whisper A Prayer – Smallville
02. Greymatter & KRL – Straight Billin‘ (Medlar Remix) – WOLF
03. Max Graef – Kaese Schinken Floete – Box Aus Holz
04. Art Of Tones – The Great Sgatmi – Local Talk
05. CTEPEO 57′ – Space Race – Tartlet Records
06. Mount Kimbie – You Took Your Time (Kyle Hall Remix) – Warp
07. Andrea Di Rocco – The Past Present – IWW Music
08. Triumph & Ivan Picaro – Soyuz (Opolopo Remix) – ReBirth
09. FJAAK – Don’t Cry (SLG Remix) – Baalsaal Records
10. HNNY – Kela – Let’s Play House
11. Pablo Valentino – One (Detroit Swindle Remix) – Room With A View
12. Starr Traxx – More (KiNK Remix) – Snatch!
13. DJ Sprinkles – Grand Central Part 1 (Deep Into The Bowel Of House) (MCDE Bassline Dub) – Mule Music

Hier findet Ihr…

… die komplette Playlist der Sendung.
alle bisherigen Mixe noch ein mal zu nachhören.
… und hier nochmal die komplette Sendung im Loopstream zum nachhören.

2 Kommentare

Gastbeitrag von Ursula Demitter: Ein Leben in der DDR – Kindheit, Teil 3

Ursula Demitter aus Potsdam ist 67 Jahre alt, lebte und arbeitete in der DDR. Unter anderem bei der DEFA. Heute gibt sie Nachhilfeunterricht und schreibt hin und wieder ihre Erinnerungen von damals in Textdokumente. Da ich ohnehin ein großes Interesse an DDR-Biografien des Alltags habe und möchte, dass derartige Erinnerungen nicht auf irgendwelchen Festplatten verschimmeln und irgendwann einfach den Tod einer Festplatte sterben, packe ich die Texte von Ursula ab jetzt hier in unregelmäßigen Abständen rein. Hier finden sich alle ihrer Texte.

Fotothek_df_ps_0004701_Stadt_^_Stadtlandschaften_^_Wohnhäuser
(Foto: Richard Peter, unter CC von Deutsche Fotothek‎)

Anfang der Fünfziger Jahre wurde in unserer Familie beschlossen, umzuziehen.
Der Umzug hatte seine Gründe. Das Holländerviertel war damals keine besondere Adresse. Da wohnten einfache Leute in alten Häusern mit sehr einfachen Wohnungen. Meine Mutter hat später behauptet, sie hätte es vermieden, ihre Adresse zu nennen.

Mit den Jahrzehnten waren die Höfe, einst große Gärten, durch Schuppen, Ställe und kleine Handwerksbetriebe zugebaut. Ebenso die Brandgassen, die in ihrer alten Funktion nicht mehr notwendig schienen. Dem Viertel fehlte Luft und Licht. Die Keller waren feucht, da hier auf Sumpf gebaut worden war.

Nachts hörte man zwischen den Geschossen die Ratten unter den Dielen rennen. Es polterte richtig laut und jagte uns Kindern Angst ein. Auch im Keller gab es Ratten. Trotzdem fanden meine Eltern es völlig normal, eins von den Kindern in den Keller zu schicken, um etwas herauf zu holen. Meistens waren es selbstgemachte saure Gurken, die dort in einem Steintopf lagen. Da es im Keller kein Licht gab, bekam man eine Dynamo-Taschenlampe in die Hand gedrückt, die man ständig drücken musste. Vom Hof aus musste die Kellerabdeckung, die mit Gewichten über Rollen lief, angehoben werden. Der Keller stand fast immer ein wenig unter Wasser. Deshalb hatten die Mieter Bretter ausgelegt, die auf Mauersteinen lagen. Darauf balancierte man bis zum Gurkentopf. Dann wurde der Deckel abgenommen. Auf den Gurken lag zur Beschwerung ein Teller, auf dem Teller ein Stein. Beides musste raus. Dann griff man voller Überwindung durch die Kahmschicht und holte mit der Hand die geforderte Anzahl Gurken heraus. Nur schnell, so schnell wie möglich wieder raus. Ab und zu passierte es, das eine Ratte durch den Keller lief. Ich glaube, ich war nur einmal allein im Keller, dann verlangte ich Begleitung.

Eine noch größere Plage für die Bewohner des Viertels waren die Wanzen. Auf mich, ein sehr hellhäutiges blondes Kind, hatten sie es besonders abgesehen. Zweimal im Jahr, so etwa zu Pfingsten und Ende August wurden die Wanzen extrem aktiv. Dann sah ich immer sehr zerbissen aus und kratzte ständig an mir herum. Meine Mutter schämte sich dessen und hatte jahrelang geglaubt, mit äußerster Sauberkeit und regelmäßigem Großreinemachen, könnte sie den Wanzen beikommen. Sie nahm beim Putzen sogar die Betten auseinander und die Bilder von der Wand. In jede Öffnung sprühten wir das damals übliche Insektengift „Mux“ hinein. Wenn ich es recht erinnere, hat sie es sogar mit DDT versucht. Im nachhinein denke ich, es hat uns Kindern mehr geschadet, als den Wanzen.

Durch den Umzug waren von einem Tag auf den anderen, die abenteuerlichen Zeiten mit meiner Straßengang vorbei. Wir waren etwa zehn Kinder verschiedenen Alters. Ich war die Jüngste. Unsere Anführerrinnen waren zwei „große“ Mädchen. Kriemhild hatte brandrote dicke Zöpfe und viele Sommersprossen und war ein Umsiedlerkind. Wir nannten sie „Krimmi“ und nie habe ich gehört, dass sie wegen ihrer roten Haare geärgert wurde. Sie verstand es, sich zu wehren. Die zweite Anführerin, die eigentliche Eleonore hieß, nannten wir „Lori“. Sie gehörte zu einer Familie, die gegenüber der Hausnummer 18 im Hof eine Firma betrieben hatte. Noch lange Jahre konnte man die Firmenaufschrift über dem Torbogen lesen: „Stahlmatratzenfabrik Guderle.“

Wenn es dämmerte fanden wir uns zusammen. Zuerst spielten wir ein bisschen lustlos „Meister, Meister gib uns Arbeit“ oder „Herr Fischer, Herr Fischer, wie tief ist das Wasser“. Dann wurden wir aufgeteilt in Räuber und Polizisten. Das Spiel bei dem wir bis über den Bassinplatz ausschwärmten und uns gegenseitig zu überwältigen versuchten, nannten wir „Räuber und Pulle“.

Am liebsten machten wir „Klingelzug“ oder legten auf den Wegen des Bassinplatzes ein altes Portemonnaie an einem Zwirnsfaden aus. Auf den Faden wurde Sand gestreut und sobald sich ein Erwachsener nach der Börse bückte, zogen wir sie blitzschnell hinter die Hecke, wo wir versteckt lagen. Dann folgte lautes Geschimpfe auf die verflixten Straßengören und wir rannten davon, als hätten wir das Schlimmste zu befürchten.

Lange Jahre gab es um den Bassinplatz und in der heutigen Friedrich-Ebert-Straße noch zerstörte Häuser, eben Kriegsruinen. Es war uns strengstens verboten, diese Grundstücke zu betreten. Trotzdem sind wir bäuchlings in halb verschütteten Kellerfenster gerutscht und haben uns gegenseitig eingeredet, dort noch Schätze zu finden. Ein Wunder, dass alles gut gegangen ist.

Ich war gerade in die zweite Klasse gekommen, als unsere Familie aus dem Holländerviertel zum Jagdschloss Stern zog. Die Siedlung hieß Kolonie Drewitz und gehörte zum Dorf Drewitz, das damals noch kein Teil von Potsdam war. Später wurde das geändert, da waren wir Babelsberger.

Im Juni 1952 wurde es merkwürdig aufgeregt in unserer Familie. Meine Eltern hingen am Radio und machten ernste Gesichter. Mit uns Kindern sprachen sie nicht über ihre Sorgen. Das war immer so, wenn es politisch wurde. Sie hatten Bedenken, dass wir in der Schule etwas ausplaudern könnten, womöglich was Falsches sagten.

Meine Mutter erlaubte mir nicht, zu meiner Freundin zu gehen, was ich überhaupt nicht verstand. Am Nachmittag hörte ich ein lautes Brummen, das die Luft mit Schwingungen erfüllte. Ich lief durch den Vorgarten auf die Straße und sah in etwa hundert Meter Entfernung auf der Bahnhofstraße, die unsere Straße querte, eine Kolonne Sowjetpanzer. Sie kamen vom Güterfelder Truppenübungsplatz und fuhren stadteinwärts. Gemächlich bewegten sie sich vorwärts und wirbelten auf der unbefestigten Straße eine riesige Staubwolke auf.

Über die parallel verlaufende asphaltierte Jagdhausstraße konnten sie nicht fahren.
Die Russen hatten sich gleich 1945 einen Zaun um ihr Planquadrat gebaut und die Straße zur Sackgasse gemacht, weil sie links und rechts der Straße größere Villen besetzt hatten. Vor dem Krieg befand sich dort ein Sanatorium. Wir Anwohner mussten einen beträchtlichen Umweg über die Kohlhasenbrücker Straße machen, um zur Bushaltestelle in der Steinstraße zu gelangen.

Während ich gebannt auf die Panzer starrte, kam meine Mutter aus dem Haus gestürzt, schrie völlig hysterisch irgendwas von „verboten raus zugehen…“ zerrte mich wortlos auf unser Grundstück und verabreichte mir links und rechts eine kräftige Ohrfeige. Danach schloss sie sorgfältig das Gartentor ab, steckte den Schlüssel in die Schürzentasche und ging wortlos ins Haus. Normalerweise wurden wir Kinder nicht verhauen. Ich war acht Jahre alt und verstand die Welt nicht mehr.

7 Kommentare