Als ich im letzten Jahr für eine sehr liebe Person das Trümmertäubchen Mixte gebaut hatte, meinte die Frau des Hauses, dass sie jetzt gerne auch so ein Mixte haben könnte. Sie fährt eigentlich ein sehr sportliches Vintage Pinarello mit geradem Lenker, meinte aber, dass ihr so ein eher bequemes „Brötchenholfahrrad“ mit Mixte-Rahmen auch ganz gut stände. Ich sagte ihr, dass ich mich darum kümmern würde.
Ein paar Wochen später schrieb mir der Lieblingskollege, dass auf dem Grundstück des Jugendclubs, den er betreut, zwei alte Räder rumstehen würden und ob ich da vielleicht Interesse dran hätte. Eins davon war Schrott, das andere dieses wahrlich schon runtergerockte No-Name Mixte. Ich habe dazu keine konkreten Infos finden können. Massenfabrikat aus den vermutlich 80ger, 90ger Jahren. Aber: ich fand den Schwung sexy und holte die Kiste ab.
Ich machte den Rahmen nackig, wobei ich zwei Stunden mit den vergammelten Billo-Tretlagerlagerschalen aus Kunstoff kämpfen musste, die natürlich beim Versuch sie rauszudrehen, komplett wegbrachen und mich dazu zwangen, ihnen mit einem Heißluftfön zu Leibe zu rücken. Was für eine Scheißarbeit, wobei ich mir dann auch gleich noch eines der Innengewinde schrottete, wie ich sehr viel später feststellen musste.
Dann ab zur Pulverbeschichtung, die Frau des Hauses wollte gerne ein mintgrünes Mixte, was ich als passend empfand. Und dann heißt es bei meinem Pulverbeschichtungsladen halt warten. Und warten und noch länger warten. Aber okay, so ein Rad neu aufzubauen ist eh ein längerer Prozess. Bei mir zumindest. Wie viel Gänge sollen es am Ende sein, welche Kontrastfarben könnten passen, was für Teile und/oder Komponenten hättest du noch da, die du dann daran verbauen willst, welche müsstest du kaufen. Es ist eine Komposition, die dem Musizieren nicht unähnlich ist, aber anders. Ich ging auf Teilejagd, eBay Kleinanzeigen als guten Freund, und stellte mir das Rad im Kopf schon mal zusammen. Nebenbei tauchten noch ein paar andere Mixte auf, von denen ich schon mal einen Teil der Teile noch verbauen konnte. Die weißen Kunststoffschutzbleche zum Beispiel. Ich will halt schon noch was mit ins Jetzt holen, wenn es noch taugt. Bisschen Nachhaltigkeit darf und sollte da schon sein.
Irgendwann rief mich der Pulverer an und sagte, dass der Rahmen an einer Stelle durchgegammelt sei und er den so aus Sicherheitsgründen lieber nicht rausgeben wollen würde. Verstand ich, fuhr hin, guckte mir das an und ja. Er hatte Recht. Sollte man so nicht machen. Aber ich fand den Rahmen einfach zu sexy, um ihn aufgeben zu wollen. Das Ding also zum Schweißer gebracht, der es flicken konnte.
Zurück damit zur Pulverbeschichtung und wieder warten, aber irgendwann kam dann endlich der Anruf, dass der Rahmen abgeholt werden könnte – und ich liebte alles daran.
Einen Teil der dann zu verbauenden Komponenten hatte ich noch da. Tretlager, Kurbel, Vorbau, Steuersatz, Laufräder, Pedalen, Schutzbleche und den Lenker.
Also fing ich mit dem Tretlager an und musste feststellen, dass ich bei meiner Tretlager-Rausklopp-Aktion, eines der Innengewinde geschrottet hatte, was äußerst blöd ist, denn ohne Tretlager bleibt die Idee am Ende halt nur ein Lauf- oder Schieberad. Also geguckt, wo ich mal eben und nur dafür einen Innenlagergewindeschneider ausleihen könnte. Kurz: nirgends. Die angefragten Fahrrad-Dudes, wollten mir das Ding nicht ohne weiteres ausleihen und ich wollte es von denen nicht machen lassen, weil ich alles daran ganz einfach selber machen wollte. So einen Gewindeschneider gekauft, BSA-Gewinde neu und höchstpersönlich selber darein geschnitten. Tretlager passte, Kurbel kam rauf. Sah schon fasst aus wie ein Fahrrad.
Und dann begann halt wieder dieser Prozess der Komposition. Soll sich ja am Ende geil fahren und geil aussehen. Körbchen, die sexy Dia Compe Bremsen in weiß nebst Hebel, 2x8er Schaltwerk, weiße Zughüllen, weißes Lenkerband, hübsches Klingelchen. Und da ist das „Brötchenholfahrrad“ für die Frau des Hauses. Das Kraftfuttermischwerk Mixte 001. Mixte 002 ist bereits gepulvert und wird nächste Woche abgeholt.
Specs:
Gewicht: 11,9 Kilo
Naben: Shimano Ultegra (Vintage)
Tretlager: Shimano 600 (Vintage)
Kurbel: Shimano 600 (Vintage)
Umwerfer 2-fach: Shimano 600 (Vintage)
Schaltwerk: Campagnolo Veloce 9-fach, auf 8 reduziert, zerkratzt, aber voll funktionstüchtig (Vintage)
Kassette: Shimano 600, 8-fach (Vintage)
Bremsen: Dia Compe MX 1000
Bremshebel: Dia Compe DC 135
Schalthebel: SRAM 2×9, auf 8 gestellt
Körbchen: Brick Lane
Kette: Shimano 8-fach
Sattel: Iscaselle (Vintage)
Uuuuund: eine gefederte Sattelstütze, die ist original!
Die MX 1000 stehen ziemlich tief und werden vermutlich das schöne Bronze der Felgen runter schleifen, aber passte halt nicht anders und die Rückleuchte ist nur Deko. Wollte eigentlich Dynamo-Licht, ging dann aber mit dem Körbchen nicht mehr so ein Körbchen brauchste halt zum Brötchen holen. Ja.
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