[Update] Die Anwälte von Josef S. kündigen an, in Berufung gehen zu wollen.
Einige, hoffentlich aber viele sollten mitbekommen haben, dass gestern in Wien der aus Jena stammende Student Josef S. nach sechs Monaten U-Haft zu weiteren 8 Monaten „bedingten“ (Bewährung) Freiheitsentzug verurteilt wurde. Sowohl das vorrangehende Verfahren als auch der Prozess darf meines bescheidenen Erachtens gerne als „Farce“ betitelt werden. Die Aussagen der bezeugenden Zivil-Polizisten waren widersprüchlich, die Beweislage dürftig bis zweifelhaft. Dennoch wurde Josef S. verurteilt. Am Ende womöglich nur deshalb verurteilt, weil er auf einer antifaschistischen Demonstration zur falschen Zeit vor einem richtigen Polizeibeamten stand. Schlimm genug.
Der eigentliche Skandal allerdings ist der, dass durch Urteile wie diese Demonstrationen, die sich gegen Rechts wenden, pauschal kriminalisiert werden und sehr wohl dazu taugen können, dass etwaige Demonstranten sich so sehr eingeschüchtert fühlen, dass sie eben nicht mehr demonstrieren gehen. Das ist in keinster Weise hinehmbar.
Dutzende Polizist_innen haben nichts gesehen und hatten „keine Wahrnehmung“, die Putzkolonnen der MA48 fanden keine Pflastersteine, die Journalist_innen und Überwachungskameras lieferten keine belastenden Bilder. Und was kommt dabei raus? Ein Schuldspruch mit 4 Monaten unbedingter und 8 Monaten bedingter Haft.
Laut der Begründung des Richters wurde Josef für schuldig befunden, weil ihm seine Unschuld nicht nachgewiesen werden konnte – eine Verdrehung des Rechtsstaates sondergleichen.
Hier ausführliche Artikel zum Urteil:
● Wiener Gericht spricht deutschen Studenten schuldig (Sueddeutsche)
● Urteil in Wien: Deutscher Student Josef S. schuldig gesprochen (SpOn)
● „Man wollte Josef zum Sündenbock machen“ (Welt)
● Schuldspruch gegen Josef S. in Wien – Ein Zeuge reicht (taz)
Wenn man sich den Verlauf und einige Details des Prozesses ansieht, ist es schwer vorstellbar, dass es tatsächlich zu diesem Urteil kam. Es ist nahezu unbegreiflich.
Die Anwälte und Josef S. überlegen gerade, ob die Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen wollen. Ich fände das richtig und auch wichtig, denn eigentlich kann man Derartiges nicht unwidersprochen hinnehmen. Dafür allerdings ist eines unabdingbar: Geld. Denn Anwälte kosten. Im Regelfall nicht wenig. Das weiß ich selber aus eigener Erfahrung. Ohne Anwälte allerdings wird es bei dem hier gesprochenen Urteil bleiben und das darf eigentlich nicht sein.
Mittlerweile wurden zwei Spendenkonten für die Familie von Josef eingerichtet. Wer findet, dass dieses Urteil unter diesen Umständen geprüft werden sollte, kann da gerne was drauf tun. Ob am Ende allerdings tatsächlich Rechtsmittel eigelegt werden ist bisher nicht sicher.
15 KommentareWir haben ein privates Konto der Familie eingerichtet:
Kto-Nr: 263528200 IBAN: DE89 8204 0000 0263 5282 00
BLZ: 82040000 (Commerzbank) BIC: COBADEFFXXX
Verwendungszweck: WienDie Ortsgruppe der Roten Hilfe Jena hat ebenfalls ein Spendenkonto für Josef eingerichtet:
Rote Hilfe Ortsgruppe Jena
Kto-Nr.: 4007 2383 09 IBAN: DE77 4306 0967 4007 2383 09
BLZ: 430 609 67 (GLS-Bank) BIC: GENODEM1GLS
Verwendungszweck: Wien