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Schlagwort: Documentary

Doku: Soviet Hippies

Dass die Zugehörigkeit einer nicht angepassten Jugendkultur in den repressiven Staaten des Ostblocks weitaus riskanter als im Westen war, ist kein Geheimnis mehr. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass es trotzdem Jugendliche gab, die auch aus Protest Teil jener Subkulturen sein wollten. In der DDR waren das Blueser, Punks und am Ende auch Skinheads. In der damaligen UdSSR waren es schon Ende der 60er Jahre Hippies.

Zu diesen jugendkulturellen Besonderheiten im Osten gibt es nicht sonderlich viel Doku-Material. Wohl auch, weil die technologischen Möglichkeiten dort zu dieser Zeit nicht für jedermann verfügbar waren. Da bin ich doch sehr froh, dass dennoch hin und wieder Material auftaucht, das dazu taugt, einen Blick auf längst vergessene Zeiten werfen zu können. So wie hier – über die Hippiekultur in der Sowjetunion.

Sex, Drugs & Rock ’n‘ Roll – die Hippiekultur gehört zu den festen Bestandteilen der 60er Jahre in der westlichen Welt. Was bis heute dagegen fast unbekannt ist: Auch in der Sowjetunion gab es Hippies: junge, alternative Menschen, die dem sozialistischen Alltag zum Trotz auf der Suche nach Glück und Freiheit ihren eigenen Hippiekult lebten. Der wilde Flowerpower-Trip in den psychedelischen Untergrund mit den Hippies von damals macht das Lebensgefühl dieser bunten Gruppe von Künstlern, Musikern, Freaks und anderen langhaarigen Systemverweigerern lebendig, die sich in der Sowjetunion eine eigene Subkultur geschaffen haben. Filmemacherin Terje Toomistu trifft die nun deutlich gealterten sowjetischen Hippies und lässt sie erzählen – von der Lebenslust und dem Einfallsreichtum, den es allein schon brauchte, um trotz des Eisernen Vorhangs an westliche Musik zu kommen, von Sprachschwierigkeiten, von den oft verständnislosen bis repressiven Reaktionen von Familie und Nachbarn, von wilden Reisen durch das ganze Land und heimlichen Konzerten, von Drogen, Rausch und Selbstzerstörung. Zusammen mit originalen Amateurfilmen entsteht so ein Psychogramm der sowjetischen Hippies, aber auch das eines Landes, in dem sie ihre explosive Gegenkultur lebten. „Soviet Hippies“ wirft einen Blick auf einen weitestgehend unbekannten Teil der Geschichte Osteuropas, hinterfragt das Funktionieren von Macht und stellt die noch immer aktuellen Fragen nach Freiheit und Selbsterfüllung. Vor allem aber wird aus den Erzählungen der Menschen, die damals dabei waren, der Geist dieser Zeit wieder lebendig und ein Lebensgefühl greifbar, von dessen Existenz viele noch nicht einmal etwas ahnten.

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Doku: Die rechte Wende – Beobachtungen jenseits der Mitte

Sehenswerte Doku bei 3sat, die wahrscheinlich nicht für jeden Neuigkeiten parat hält, aber die Auswüchse der neuen Rechten ganz gut zusammenfasst.

Sie sind Autoren, Verlagsbesitzer, Philosophen, Künstler, Studenten, Kirchenmänner und Politiker. Gebildet, wortgewandt, und gleichzeitig radikal -Knotenpunkte im neurechten Netzwerk zwischen AfD und Identitärer Bewegung.

Sie verachten den sogenannten Mainstream, empfinden die Gegenwart als dekadent und wollen eine Wende nach rechts. Offen und medienwirksam stilisieren sie sich zu Rettern der „europäischen“ Traditionen.
Pegida und das Aufkommen der AFD haben ihnen dabei Mut gemacht, denn längst agieren sich nicht mehr im Verborgenen: durch Demonstrationen und Aktionen, durch Bücher, die zu Bestsellern werden und durch einen Eklat auf der Frankfurter Buchmesse, der durch alle Medien ging, wird die Neue Rechte immer mehr wahrgenommen.

https://youtu.be/uEJbBBH7tZc
(Direktlink)

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Doku über St. Pauli im Stream: Manche hatten Krokodile

Die in höchsten Tönen sehr unaufgeregte St. Pauli-Dokumentation von Regisseur Christian Hornung, die es im letzten Jahr in die Kinos schaffte, gibt es aktuell in der ARD-Mediathek im Stream. Eine ganz wunderbar leise Liebeserklärung, die sich gerade denen widmet, die schon seit Jahrzehnten dort leben. Toll!

Vor Jahrzehnten sind sie auf St. Pauli gestrandet, auf der Flucht vor kleinbürgerlicher Enge, auf der Suche nach Arbeit und einem anderen, unkonventionelleren Leben: Als Tänzerin oder Stripperin, Wirt oder Bardame, Seemann oder Zuhälter haben sie sich durchgeschlagen. Sie treffen sich tagsüber in ihrer Stammkneipe, dem „Hong Kong“, dem „Utspann“ oder der „Kaffeepause“, um sich an frühere Zeiten zu erinnern. Sie erzählen von der Suche nach Gold und von sinkenden Schiffen, vom Kiezalltag und von Krokodilen. Und natürlich von den Sparclubs, in denen sie bis heute Mitglied sind. Sparer wollen sie dabei gar nicht sein, sie sehen sich als Lebemenschen. War Geld da, wurde es mit vollen Händen ausgegeben, ohne an die Zukunft zu denken. Aber in dem Sparschrank an der Kneipenwand sind zumindest ein paar Euro sicher, vor allem vor ihnen selbst. Ein Notgroschen, um über die Runden zu kommen. Die Kneipe mit dem Sparclub ist ihr sicherer Hafen geworden, den sie jeden Tag gerne ansteuern.

Hier der Trailer:


(Direktlink, via Martin)

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Doku-Serie: The Rise of Graffiti Writing – From New York To Europe

Arte bringt gerade eine 10-teilige Doku-Serie über die Geschichte von Graffiti und wie das seinen Weg aus den Staaten nach Europa fand. Bisher sind vier Folgen online, der Rest kommt dann wohl so nach und nach. Hätte man auch am Stück machen können, aber hey.

In 10 Episoden zeichnet die Dokuserie die Geschichte des Graffiti nach: von den Anfängen im New York der 70er bis zum Ausbruch des Lack-Virus‘ Mitte der 80er in Europa. Ausgehend von der Mutterstadt des Graffiti, New York, zeigen die Macher der Serie, wie die Bewegung in den 80er-Jahren von den USA über den großen Teich nach Europa schwappte und sich ab 1983 von Amsterdam, Paris und London wie ein Lauffeuer über den ganzen Kontinent ausbreitete.

Hier Episode 1, alle weiteren bei arte in der Mediathek.


(via I love Graffiti)

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Doku: Bonzai Records – The Story

Als ich hier neulich die Trance-Mixe aus den 90ern verbloggte, musste ich kurz an Bonzai Records denken. Jenes belgische Rave-Label, das Mitte der 90er Jahre wirklich (auch in Form von T-Shirts) omnipräsent war und es mit doch derbem Rave-Sound zeitweise bis in die Charts schaffte. Ich dachte dann, dass es davon doch sicher auch ein paar dutzend Tribute-Mixe geben müsste, war dann aber zu faul zum Suchen – und so richtig Bock auf den Sound hatte ich gerade auch nicht.

Nun schneit hier eine Doku rein, die ich für sehr viel interessanter halte, als irgendwelche Mixe – und die sich gänzlich dem 25. Jahre alten Label widmet: Bonzai Records – The Story.


(Direktlink, via Das Filter)

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Doku: Leben wie die Faultiere

54 Minuten der Entschleunigung, die für die geliebten Helden der Langsamkeit leider gar nicht so Gemütlich ist: 360° Geo Reportage – Leben wie die Faultiere.

Unbeholfen wirken sie mit ihren runden Gesichtern und dem tief ins Gesicht wachsenden Fell. Pura Vida, „wahres Leben“, nennen die Menschen in Costa Rica das lächelnde Gesicht der Faultiere. Sie schlafen viel und bewegen sich wenig. Aber ihr biologisch bedingtes Slow-Motion-Tempo wird den urzeitlichen Tieren immer öfter zum Verhängnis. In einer Welt, in der der Mensch Wälder rodet, Häuser baut und mit schnellen Autos über breite Straßen rast, ist für Langsamkeit kein Platz. Die Geschichte der Faultiere begann vor rund 40 Millionen Jahren. Damals gingen sie aufrecht und erreichten eine Höhe von stattlichen sechs Metern. Im Laufe der Evolution schrumpften sie auf ihre heutige Größe von rund einem halben Meter. Ihr geruhsames, bewegungsarmes Leben und ihre Physiognomie haben zu Vorurteilen und Fehleinschätzungen durch den Menschen geführt – sie galten als faul, unnütz und als Überträger von Krankheiten. Lange wurden sie deshalb gejagt. Richtig ist nur, dass sie extrem langsam sind in allem, was sie tun.

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Crowdfunding für einen dokumentarischen Graffiti-Roadtrip durch Osteuropa

Der Berliner Filmemacher Matti Cordewinus hat mit „Grenzgebiet“ einen dokumentarischen Roadtrip aufgezeichnet, der die Reise von drei Trainwritern durch den Osten Europas zeigen will. Immer auf der Suche nach dem nächsten Zug. Die Doku ist im Rohschnitt fertig und könnte jetzt durch Crowdfunding in die Postproduktion und den Veröffentlichungsprozess. Dafür sammelt Cordewinus bei Startnext. Ein Film, den ich mir ansehen würde.

„Einen Monat lang reiste ich mit drei Trainwritern in einem VW Passat durch den Osten Europas. Entstanden ist ein 80-minütiger Dokumentarfilm (Rohschnitt), der in seiner Form ebenso ein Spielfilm sein könnte. Mit dieser Kampagne möchte ich den Versuch wagen, einen Teil der Postproduktion sowie die Veröffentlichung zu finanzieren.

Alex, Henne und Ivan machen Urlaub in Osteuropa. Bald wird klar, dass die drei Freunde nur auf eines geeicht sind: Wo steht der nächste Zug? Wie kommen wir ungesehen heran? Wie ungeschoren davon?

GRENZGEBIET handelt von Menschen, die sich auf das Besprühen von Zügen spezialisiert haben, von Freundschaft, von Zweckgemeinschaft, vom Leben auf leichtem Fuß. Dabei verzichtet der Film auf das Ablichten von Graffiti, auf Maskierungen sowie auf Interviewsituationen, nicht jedoch auf schweißgebadete Gesichter, authentische Dialoge und Grenzerfahrungen.“

https://vimeo.com/239340936
(Direktlink, via I love Graffiti)

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Dokumentation über die Realitäten des DJ-Lebens: Why We DJ – Slaves To The Rhythm

40-minütige Dokumentation von DJsounds, die sich dem DJ-Leben widmet. Dabei werden erfrischend aufrichtige Interviews mit Managern, Psychologen, Musikfachleuten und DJs gezeigt. Mit dabei: Carl Cox, Luciano, Seth Troxler, Erick Morillo, B.Traits, Ben Pearce und Pete Tong.

In a revealing new documentary investigating the reality of what being a professional DJ is really like, from the hype and parties to relentless touring and the toll that can take on both physical and mental health.

Following the success of last year’s ‘The Underground Sound of Paris’, ‘Why We DJ – Slaves To The Rhythm’ delves deep into the psyche of the DJ, exploring the motivations that drive people to pursue a career behind the decks in the first place and the effects it can have.

In refreshingly candid interviews from artist managers, tour managers, Psychologists, music industry professionals and DJs including Carl Cox, Luciano, Seth Troxler, Erick Morillo, B.Traits, Ben Pearce and Pete Tong MBE we hear stories of the lofty highs and plunging lows DJs can experience on a daily basis.

‘Why We DJ – Slaves To The Rhythm’ provides an honest look at the lives of professional DJs from the point of view of the people subjected to a heavy schedule of travel, sleep deprivation and creative pressure, whilst constantly under the social media spotlight.

For the first time, the film examines how DJs can suffer from conditions such as imposter syndrome, opening up the discussion about the sometimes-dark places artists can easily find themselves in when they’re off stage.


(Direktlink, via FACT)

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Raving Iran im Stream

Der hier schon mehrfach beschriebene Dokumentarfilm Raving Iran der deutschen Filmemacherin Susanne Regina Meures aus dem Jahr 2016 lief gestern Abend in 3sat und ist nun in der der Mediathek als Stream verfügbar. Die Doku begleitet zwei iranische Techno-DJs in ihrem Alltag in Teheran und bei einer Reise zum Lethargy Festival in Zürich.

„Zwei DJs gegen das iranische Regime: Anoosh und Arash arbeiten als DJs in Teherans Underground-Technoszene. Das ewige Versteckspiel mit der Polizei ist zermürbend. Der Film vermittelt Einblicke in die Subkultur von Teheran.“

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Doku: Das VHS-Imperium – Als das Kino nach Hause kam

Ich bin nach dem Fall der Mauer mit Videokassetten groß geworden. Im Spätsommer des Jahres 1989 gab es in der DDR die ersten offiziellen VHS-Rekorder in den „gut sortierten“ Kaufhäusern des Landes. Sie kamen von Sanyo und kosteten 7.350 Mark. So teuer, dass diese sich nur die wenigsten leisten konnten. Um ehrlich zu sein, kannte ich niemanden, der so ein Dingen zu Hause hatte. Die Leerkassetten gab es für 90 Mark. Ein ziemlich teures Vergnügen.

Mit dem Mauerfall konnte man die Rekorder dann auch im Osten zu einem verkraftbaren Preis kaufen. Billig waren sie da immer noch nicht und so gaben viele Kids des Ostens ihr Begrüßungsgeld erstmal für die einfachen Doppelkassettenrekorder aus. Die gab es für 99.00 D-Mark und die dürften zum Ende des Jahres 1989 für einen echten Absatzschwung bei den Herstellern gesorgt haben. Ebenso wie die Jeansmarke WitBoy, aber das ist ein anderes Thema.

Nur ein paar Jahre später allerdings zogen auch die Videorekorder in die Wohnzimmer unserer Eltern und in unsere Jugendzimmer ein – und sie waren ein Segen. Es gab keine zeitlichen Vorgaben fürs Fernsehen mehr und auch die Werbung konnte man locker vorspulen, wenn man sie nicht schon automatisch beim Aufnehmen rausfiltern konnte. Dann kamen die Videotheken und alles wurde anders.

Wenn wir am Wochenende mal nicht feiern waren, zückten wir einen unserer Kundenausweise in der Videothek unseres Vertrauens, wovon es über die Jahre durchaus verschiedene gab, und liehen uns über diese Jahre hunderte von Filmen aus, für die wir nicht ins Kino mussten, wo manche schon lange nicht mehr liefen, oder dort gar nicht nicht gespielt wurden. Die Videothek wurde zu so etwas wie einem guten Kumpel, der immer irgendwas hatte, was man sich mal ansehen könnte.

Die kulturelle, wirtschaftliche und auch politische Größe der Videokassette war uns damals nicht mal ansatzweise bewusst und wuchs erst später. Als ich mir sämtliche Kassetten der X-Mix-Serie kaufte, die total neu und am Anfang unfassbar spannend war. Und als viele um mich herum damit anfingen, selber Videos auf ihren Kameras aufzunehmen und aus den Urlaubsdiaabenden Urlaubsvideoabende wurden, die nicht sehr viel spannender waren, aber andere begannen in der Zeit damit, aus ihren selbst aufgenommen Videos Kunst zu machen. Visuell bewegte Kunst, die auf Bildern basierte, die dann jeder locker in seinem Wohnzimmer selber zu dieser neuen Kunstform machen konnte, wenn das dann so sein sollte. Demokratisiert und noch einfacher als das zur Zeit der Super-8 Filme möglich war. Ein großartige Zeit, die noch heute im Netz ihre Früchte präsentiert. Wenn qualitativ auch um einiges hochwertiger. Na klar. VHS sorgte für eine kulturelle Revolution im Kleinen.

Ein paar der mir damals liebsten VHS-Kassetten habe ich noch immer. „Hass“ ist eine davon. Die X-Mix-Serie. Außerdem stehen auf Arbeit noch 450 selbst aufgenommener VHS-Kassetten, auf denen Filme sind, die damals immer im TV liefen und auf den Dingern aufgezeichnet sind. Ich konnte mich bisher nicht davon trennen und habe die Idee, dass man damit mal irgendwann noch irgendwas visuell künstlerisches machen könnte. So wie damals, nur halt mit heutigen Möglichkeiten irgendwie geiler.

Die letzte Videothek der Stadt schloss, glaube ich, im letzten Jahr. Ein paar meiner damaligen Kundenausweise liegen hier noch rum.

Diese Doku belichtet die Geschichte der VHS-Kassetten und das war alles sehr viel mehr als nur mal eben „Wetten dass?!“ aufnehmen. Kulturell und ziemlich politisch. Wirtschaftlich sowieso. Und ich lerne, dass eben diese technologische Entwicklung im Ostblock schon viel weiter verbreitet war, als mir bisher bewusst war.

Eine ganze Generation, die mit Videokassetten groß geworden ist, schwelgt heute in VHS-Nostalgie. Doch nur wenigen ist bewusst, welche enormen gesellschaftlichen und politischen Folgen die Einführung dieser Technologie hatte. Von den 1970er bis zu den 1990er Jahren erzählt die Dokumentation die Geschichte des ersten wahrhaft demokratischen audiovisuellen Mediums.

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