Ja, man kann seine Probleme mit der Fusion haben und diese auf allen möglichen Ebenen artikulieren und auch diskutieren, keine Frage. Aber: was da gerade als Repression gegen den Kulturkosmos e.V. aufgefahren wird, ist halt nicht hinnehmbar, wie ich finde.
Ich war lange nicht da, kenne das Fest aber noch aus den Jahren 1998 bis 2012 und nach Hörensagen soll es auch heute noch ein Festival sein, dass einzigartig ist. Das glaube ich. Weil ich mir das immer noch gut vorstellen kann, aber darum soll es gar nicht gehen. Ich glaube auch, dass es fehlen würde, wäre es nicht mehr da, aber das weiß man ja immer erst später.
Die Polizei möchte mit aufs Festivalgelände, die Veranstalter wollen das nicht, bieten aber einen Kompromiss an. Ich weiß gar nicht genau, was die Polizei dort will, lief auch ohne sie immer recht rund, wenn ich mich recht erinnere, aber sie wollen halt. Offenbar hängt daran auch das aktuelle Genehmigungsverfahren. Mittlerweile gibt es diese Stellungnahme, eine Petition und aktuelle Infos auf der Seite des Kulturkosmos e.V.
Es ist Ende April und die Festivalvorbereitungen laufen auf Hochtouren. Das Booking ist fast abgeschlossen und wir schauen alle erwartungsfroh noch vorne und freuen uns wie Bolle auf die kommende Fusion…
So oder so ähnlich würde der Newsletter lauten, wäre da nicht diese Geschichte mit der Polizei, die uns seit Wochen total nervt, und neben allem, was wir hier planen und vorbereiten müssen, zusätzliche Arbeit, Sorgen und Ärger bereitet.Am Freitag hat der Polizeipräsident von Neubrandenburg seine besten Medienkontakte bemüht und eine Meldung bei NDR Radio MV platziert, die es über die DPA in sämtliche Lokalblätter Deutschlands geschafft hat. Von “Sicherheitsmängeln” hinsichtlich der Entfluchtung unserer Hangars und einer fehlenden Notfallbeschallung auf dem Festivalgelände ist dort in Bezug auf vermeintliche “Mängel” in unserem Sicherheitskonzept die Rede. Lasst euch von diesen Nebelkerzen nicht blenden. Denn unsere Hangars sind bereits seit 22 Jahren fester Teil des Festivalgeländes und deren Entfluchtungsschema wurde in der selben Zeit nie die Zustimmung verweigert. Auch über fehlende Beschallung haben sich in 22 Jahren nur wenige Fusionist:innen und Anwohner:innen bei der Polizei beschwert. Wir arbeiten fleißig an den gewünschten Nachbesserungen an unserem Sicherheitskonzept. Ein “Mangel” aber wird bleiben – und das ist der eigentliche Grund, weshalb der Polizeipräsident unserem Konzept nicht zustimmen will.
Gerüchte geistern ja schon seit Wochen umher und gerne würden wir diese hier dementieren oder sie als den neuesten Clou des alten Fusionhasen bestätigen. Aber leider wird es höchste Zeit euch hiermit zu informieren, dass die Polizei das Fusion Festival nicht mehr ohne ihre Kontrolle und Beobachtung stattfinden lassen will. So unglaublich dies auch klingen mag, sie wollen hier massiv intervenieren, in Form einer Polizeiwache auf dem Festivalgelände Präsenz zeigen und zukünftig anlasslos das Gelände bestreifen.
Seit Wochen verhandeln wir mit anwaltlicher Unterstützung mit den Behörden und der Polizei auf höchster Ebene. Wir haben dabei einen Kompromiss angeboten, aber auch eine rote Linie gezogen, die wie folgt festgelegt ist: Eine Polizeistation kann auf dem Flugplatzgelände außerhalb des eingezäunten Kulturkosmosgeländes errichtet werden, um den Besucher:innen die Möglichkeit zu geben, die Polizei zu Fuß erreichen zu können. Eine anlasslose Bestreifung und eine Polizeistation innerhalb des eingezäunten Festivalgeländes sind für uns aber nicht akzeptabel. Trotz unseres Entgegenkommens bezüglich einer Polizeistation in Festivalnähe, ist die Polizei keinen Zentimeter von ihren Forderungen abgerückt.
Die treibende Kraft hinter der ganzen Misere ist anscheinend der Polizeipräsident von Neubrandenburg. Er will offenbar das Festival seinen normativen Vorstellungen entsprechend regulieren, maßgebend und kontrollierend in unser Konzept des Festivals eingreifen. Er verweist auf Defizite in unserem Sicherheitskonzept, spricht uns jegliche Kompetenz zur Gefahrenabwehr ab, um seine Forderungen nach Polizeipräsenz zu untermauern.
Die Frage seiner eigenen Kompetenz beantwortet er in den folgenden Zitaten selbstredend:
„Aufgrund der Erkenntnisse aus der polizeilichen Auswertung und der Einlassung des Veranstalters ist eine Beteiligung politischer, in Teilen hoch gewaltbereiter Personen zu erwarten […] Bei polizeilichen Maßnahmen ist mit schweren gewalttätigen Auseinandersetzungen zu rechnen, ebenso wie mit gruppendynamischen und gewaltbehafteten Prozessen, verstärkt durch massiven Drogen-/Alkoholeinfluss…“Da wir die Forderungen nach anlassloser Bestreifung und einer Polizeistation inmitten des Festivalgeländes zurückgewiesen und nicht in unserem Sicherheitskonzept übernommen haben, hat die Polizei nun die Zustimmung zu unserem Sicherheitskonzept verweigert. Auch das Ordnungsamt
droht uns und fordert weitere Nachbesserungen in unserem Sicherheitskonzept. Wir werden diesen Forderungen in allem, was für uns in dem verbleibenden Zeitraum erfüllbar ist, nachkommen. Wir halten die vom Amt Röbel-Müritz und dem Landkreis an uns gestellten Forderungen für erfüllbar und gehen daher davon aus, dass wir – wie in den vergangenen Jahren – die Genehmigung für das Festival erhalten werden.Wir werden, wenn notwendig, vor den Verwaltungsgerichten gegen die Forderungen des Polizeipräsidenten und wenn es sein muss, auch gegen ein Verbot der Veranstaltung klagen. Unsere Anwälte sowie auch wir sehen die Forderungen der Polizei als rechtswidrig an und können keine Rechtsgrundlage erkennen.
Die Polizei begründet den geplanten Großeinsatz mit ihrem Auftrag zur „Gefahrenabwehr“. Wir fragen uns, welche Gefahren hier von der Polizei abgewehrt werden sollen?
Dem Polizeipräsidenten Hoffmann-Ritterbusch geht es um „die Abwehr von veranstaltungstypischen Gefahren wie die beweissichere Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten…“
Wir haben in den vergangenen Jahren in guter Zusammenarbeit mit den beteiligten Behörden, Sanitätsdienst, Feuerwehr, unserem Sicherheitsdienst und zehntausend, zumeist ehrenamtlichen Mitwirkenden, eine flächendeckende und umfassende Sicherheitsstruktur geschaffen. Wir kümmern uns umfassend und selbstverantwortlich um die Sicherheit auf unserem Festival. Wir haben ein ausführliches Sicherheitskonzept erstellt, das ständig fortgeschrieben wird und in dem zu den relevanten Gefahrensituationen Vorsorge und Lösungen erarbeitet wurden.
Die ausgeprägte Eigenverantwortung und Achtsamkeit Anderen gegenüber, die die große Mehrheit der Fusionist:innen besitzt und die Teil der Festivalphilosophie sind, schaffen ein hohes Maß an Awareness und Sicherheit für alle. Dies ist einmalig für eine Veranstaltung dieser Größe, und die Schadensbilanzen auf dem Festival sprechen eine klare Sprache.
In 22 Jahren gab es keinen schweren Unfall mit gesundheitlichen Folgeschäden. Es gab keine Schwerverletzten, keine Drogenopfer. Die Anzahl der Eigentumsdelikte ist verschwindend gering und konstant rückläufig. Die laut Polizeistatistik angezeigten Gewaltdelikte in den Jahren 2011 – 2016 lagen im Schnitt bei 2,5 Delikten pro Festival! Auch wenn hier, wie immer, von einer nicht zur Anzeige gebrachten Dunkelziffer ausgegangen werden kann, sprechen diese Zahlen deutlich für sich und für die Sicherheit auf dem Festival! Abgesehen vielleicht vom Kirchentag, ist das Fusion-Festival vermutlich die entspannteste, friedlichste und konfliktfreieste Großveranstaltung der ganzen Republik.
Es gäbe in dieser Gesellschaft wahrlich andere Anlässe und Orte, wo eine polizeiliche Präsenz wirkliche Gefahren abwehren könnte.
Wir sehen daher die von der Polizei behauptete „Gefahrenabwehr“ auf der Fusion als reinen Vorwand, um eine umfassende Kontrolle auf dem Festival zu etablieren, und somit als fundamentalen Eingriff in unsere Feierkultur!
Es ist auch ein Frontalangriff auf die Philosophie des Festivals und das, was uns hier vereint, nämlich die Freiheit, sein zu können, wie wir sein wollen: zwanglos und unkontrolliert.
Perspektiven:
Wir haben ernsthaft darüber nachgedacht, angesichts dieser bedrohlichen Intervention das Festival abzusagen. Eine Absage zum jetzigen Zeitpunkt hätte aber zur Folge, dass das Projekt Kulturkosmos mit allem, was wir in den letzten 22 Jahren hier geschaffen haben, gegen die Wand fahren würde.
Nicht nur in finanzieller Hinsicht wäre eine Absage für den Verein schwer zu stemmen, es würden auch alle emanzipatorischen Prozesse, die hier entwickelt und in temporären Feldversuchen entstehen und gelebt werden, zunichte gemacht. Das at.tension-Festival wäre nicht mehr finanzierbar und müsste abgesagt werden und alle mitarbeitenden Gruppen und Strukturen würden in verschiedenster Hinsicht darunter leiden.Das entscheidende Argument ist aber: Eine Absage des diesjährigen Festivals würde eine Kapitulation bedeuten, ohne den Kampf für den Erhalt des Festivals überhaupt aufgenommen zu haben.
Wir haben uns daher entschlossen, uns mit allen uns zur Verfügung stehenden juristischen Mitteln gegen eine Polizeipräsenz auf dem Festivalgelände zur Wehr zu setzen. Wir werden diesen Abwehrkampf gegen eine polizeiliche Übernahme unseres Festivals auch auf politischer Ebene führen.
Es geht hier nicht darum, dass die Polizei generell keinen Zutritt zum Festivalgelände haben soll. Den hatte sie auch in der Vergangenheit, wenn es einen Anlass gab und sie von uns oder den Gästen gerufen wurde. Auch zukünftig wird die Polizei bei strafrechtlich relevanten Anlässen, die einen Einsatz von Beamten auf dem Festivalgelände notwendig machen, jederzeit Zutritt zum Festivalgelände haben.
Sollten die Gerichte den Forderungen der Polizei nach Polizeistation und anlassloser Bestreifung Recht geben, stellt sich trotzdem die Frage, inwiefern eine solche Polizeipräsenz auf dem Festivalgelände bei den Besucher:innen Akzeptanz fände.
Wir können dazu nur sagen:
„Wer das Festival mit seinen zehntausenden linksalternativen Besucher:innen und Macher:innen kennt, muss von einer ausgeprägten Identifikation mit den Idealen der Veranstaltung sowie der dort gemeinsam erlebten Freiheit ausgehen, in der eine polizeiliche Kontrolle nicht erwünscht ist und als massiver Eingriff empfunden wird.Bei aller Unterschiedlichkeit der Menschen, die dieses Festival besuchen und ermöglichen, gibt es eins, was fast alle 70.000 vereint: Niemand möchte von der Polizei bei diesem Festivalerlebnis permanent begleitet werden!
Die Mehrzahl der Fusionist:innen wird daher der geplanten Polizeipräsenz vermutlich mit Ablehnung begegnen und verschiedenste kreative Formen von friedlichem Protest dagegen setzen.“
Wir als Veranstalter:innen haben mehrfach auf diese Kausalitäten hingewiesen und müssen nun, egal wie es am Ende kommt, mit der Situation umgehen. Wir sollten jetzt keine dystopische Stimmung aufkommen lassen und müssen gemeinsam nach vorne schauen, um diese krasse Herausforderung bestmöglich zu meistern. Sollte es am Ende soweit kommen, das wir unsere rote Linie nicht halten können, freuen wir uns auf den friedlichen und phantasievollen Protest der vereinten Fusionist:innen, der dann zu erwarten ist. Riot-Szenarien, wie sie Herr Hoffmann-Ritterbusch jetzt an die Wand malt, entspringen einer kriminalisierenden Law and Order Rhetorik, die wir hiermit entschieden zurückweisen.
2019 wird es wohl eine besonders politische Fusion werden und angesichts der aktuellen Situation unter dem übergreifenden Thema TATÜTATA ABLOOFEN stehen.
Es geht hier um weit mehr als um die Zukunft unseres geliebten Festivals. Es geht am Ende um die politische Frage, ob es in dieser Gesellschaft weiterhin Freiräume geben kann, die nicht von der Polizei eingeschränkt und mit repressiven Maßnahmen begleitet werden. Es geht um die Selbstgestaltungsfreiheit kultureller und künstlerischer Orte. In dieser Perspektive betrifft das Thema alle anderen Versammlungsräume im subkulturellen Kontext: Konzerte, Festivals, freie Bühnen sowie die gesamte Clubkultur. Es geht hier im Kleinen um nicht weniger als um das Ganze: die Verteidigung tragender Elemente einer emanzipatorischen Gesellschaft.
Es gibt vermutlich keinen Ort, nirgends in dieser Republik, wo unsere Gesellschaft so frei erscheint wie Ende Juni in Lärz. Daher ist es umso wichtiger, diese Freiheiten gerade hier und jetzt zu verteidigen – bevor es zu spät ist.
Wir werden, neben der juristischen Schiene, erstmals in unserer Geschichte in die Öffentlichkeit gehen. Wir werden uns an Medien und Presse wenden und auch soziale Netzwerke nutzen. Wir haben uns zu diesem Bruch unserer lang gepflegten medien-abstinenten Prinzipien entschlossen, weil wir die Fusion und das ganze Projekt Kulturkosmos in seiner Existenz bedroht sehen und wir die Deutungshoheit in diesem Konflikt so gut es geht in unseren Händen behalten wollen.
Was kann jede:r einzelne von euch tun?
PETITION: https://kulturkosmos.de/mitmachen/
Wir haben eine Petition gestartet, die sich gegen die zunehmende Kontrolle und Repression von kulturellen Freiräumen im Allgemeinen und den geplanten Polizeieinsatz auf der Fusion 2019 im Konkreten richtet. Unterzeichnet sie und teilt sie mit eurem Freundeskreis.Führt die Debatte auf allen Kanälen, von WG-Küchentisch bis zu social media.
Folgt uns auf Twitter https://twitter.com/fusion_festival
und auf Mastodon https://mastodon.social/@fusion_festival.Informiert eure Freund:innen und Verwandten, macht „die maximale Welle“…
Besucht unsere Sonderseite www.kulturkosmos.de, wo wir euch zum aktuellen Geschehen informieren werden. Bei öffentlichen Statements zur Debatte wünschen wir uns allerdings einen sachlichen Ton: Mit Beschimpfung oder Bedrohung ist, wie immer, nichts zu gewinnen …
Wir bedanken uns jetzt schon für eure Unterstützung und eure Hilfe in den kommenden Wochen und für euer Vertrauen, dass wir alles versuchen werden, damit unser Fusion Festival der einzigartige Freiraum bleibt, so wie wir ihn kennen.
Noch eine Anmerkung zum Duktus dieses Newsletters: Für uns als Veranstalter:innen ist die Situation schwierig, weil wir einerseits entsetzt, wütend und verärgert über die geplanten Polizeimaßnahmen sind und anderseits mit den Behörden und der Polizei gesprächs- und verhandlungsbereit bleiben wollen. Es ist absehbar, dass der Konflikt vor Gericht landen wird und auch im Nachhinein mit juristischen Auseinandersetzungen zu rechnen ist. Besonnenheit ist für uns daher wichtig.
Nichtsdestotrotz gilt: Hasta la victoria siempre!
Falls die Polizei doch Bestreifen darf, könnte das auch evtl zu einem längst überfälligen politischen Diskurs zwischen Besuchern und Streifen führen. Ein bisschen viel Romantik, ich weiß. Aber man wird ja noch mal träumen dürfen :)
Falls die Debatte sich weiter erhitzt könnte es dann doch ein Kaos werden, vor allem möchte ich dann auch nicht mit der Streife tauschen…
Das ist doch das auf was man raus will, die wollen die Fusion dicht machen, die veragumentieren doch das Gewaltbereite Gefährder sich dort befinden man sucht von der Polizei die Eskalation. Wenn kann das jetzt eh nur noch vom Innen Ministerium geklärt werden und das ist dann nur noch für die Legislatur Periode möglich. Die Fussion ist Tod.
Einfach als Rechtsrock Veranstaltung deklarieren und schwupps lassen einen die Behörden alle freiräume der welt (:
Statt “Freund und Helfer”-Argumentation oder anderer möglicherweise nachvollziehbaren Gründen wird hier von u.a. “gewaltbereiten Teilnehmern” gesprochen, da die Fusion für das genaue Gegenteil steht, kann man das nur schwer nicht als Provokation verstehen. Außerdem ist es die Aufgabe der Polizei, gewaltbereit zu sein.
würde mich nicht wundern, wenn paar Bezahlte (aka. Zivicops) für Krawall sorgen, die der besagte Polizeipräsident für seine Begründung ja zwingend bräuchte.
Wäre doch blöd, er sähe sich in seinen “Gründen” widersprochen.
Thema Drogen: Kampf gegen Drogen? Wem nützts? safer use, Aufklärung, Entkriminalisierung, wir reden von Wirkstoffen. Wo keiner zu Schaden kommt, gibt es auch keinen wirklichen Grund, Repressalien einzusetzen.
:) wird schon schiefgehen :) Danke für Alles, liebe Mitstreiter und Organisatoren! Ein Hoch auf eine Diskussion, die wohl geführt werden muss. Ich bin dabei, wäre aber auch für einen kollektiven Verzicht zu haben. Da kann sich der nonkommerzielle Gedanke vertiefen und eine unnötige Aufgabe sehe ich darin nicht. Schließlich wird es dann keine Polizei auf dem Fusiongelände geben.