Gastbeitrag.
Oli ist ein guter Kumpel, Feiergeselle und immer Quell der Freude, wenn wir uns mal sehen. Jetzt ist er für ein Jahr in einem chinesischen Kloster und macht dort was mit Kung Fu, Meditation und lernt Chinesisch. Ich habe keine Ahnung, was genau da passiert und bat ihn auch deshalb bei mir im Blog über seine dort gemachten Erfahrungen zu Schreiben. Hier finden sich alle seiner Texte.
Die erste Nacht war schon um 5:30 Uhr zu ende. Um 6 standen wir alle auf dem Hof, unseren Gruppen zugeordnet, in einer Reihe. Jede Gruppe von Schülern hatte ihren Shifu der mit ihnen leichte Aufwärmübungen machte.
Nach dem Warm-Up liefen wir, jeder in seiner Gruppe, vier Runden um den Hof. Eine fünfte davon rückwärts. Danach ging meine Gruppe hoch in die Turnhalle und hat eine Stunde lang situp´s in verschiedenen Variationen gemacht. Irgendwo bei 500 habe ich aufgehört zu zählen.
Zum Frühstück gab es dann eine komische Nudelsuppe mit Algen und trocken Brot. Für mich dann also nur trocken Brot. Bzw. habe ich die Nudelsuppe auch probiert, aber das war nicht so mein Fall. Essen wegwerfen sollte man nicht, sonst muss man eventuell Liegestütze machen. Das macht es schwierig dinge zu probieren. Wenn es nicht schmeckt, sollte die Schüssel hinterher trotzdem leer sein.
Gegessen wir übrigens mit Stäbchen. Darum ist es auch meine Hand in der ich den ersten Muskelkater verspüre. Danach dann der Bauch. Man kann sich auch Besteck mitbringen oder welches in der Stadt kaufen, aber das ist für Pussys ich beiß mich lieber durch.
Mein Glück am ersten Trainingstag war, dass wir Europäer nach dem Frühstück in die nächstgelegene Stadt fuhren durften um ein paar Dinge einzukaufen, anstatt gleich voll mit dem Training zu beginnen. Hier in der Provinz Henan sind die Menschen recht arm. Und in dem ca. 20 Minuten mit dem Taxi entfernten Ort, bekommt man das auch zu spüren. Sowieso eigentlich überall. Die Menschen sind aber alle sehr nett. Sie lächeln viel und winken einem zu. Manche tippten sich auf ihre Nase, während sie im vorübergehen ihre Augen von meiner nicht lassen konnten. Da bin ich mit meiner Nase auch nicht gerade unauffällig.
In dem Ort gingen einige von uns zur Massage, andere liefen einfach nur durch die Gegend. Ich hielt mich an einen Trainingskollegen aus Deutschland der schon etwas länger hier war und ließ mir ein bisschen die Feinheiten beim Einkaufen erklären. Er zeigte mir die Straßenhändler welche die besten Kekse machen, wo man am besten frisches Obst her bekommt und so weiter. Ich persönlich würde davon abraten Fleisch auf dem Markt zu kaufen. Es liegt dort einfach auf einem Holztisch. Die Verkäufer sind zu zweit, vielleicht weil sie sonst der Fliegen nicht Herr werden.
Der Metallkasten hinten auf dem LKW ist übrigens ein Fleischwolf. FYI
In dem Supermarkt war erstmal Stromausfall, weshalb wir im dunkeln „einkauften“. Aber das schien sowieso irgendwie normal zu sein und war auch gar nicht so schlimm. Denn sobald das Licht wieder an war, konnte ich ja noch immer nicht lesen was auf den Verpackungen stand. Mein Trainingskollege zeigte mir wo ungefähr was drin war, sodass ich ein paar Kleinigkeiten einkaufen konnte. Marmelade für die trockenen „Brötchen“, Obst für die Nährstoffe, Weizen, Nüsse etc.
Ich schreibe bewusst die Brötchen in Anführungszeichen, da diese eher an Germknödel erinnern als an Brötchen, so wie wir sie kennen. Sind ganz weich, grau, ohne Kruste und Geschmack.
Wir sollten spätesten um 15 Uhr zurück sein, sind aber schon kurz nach 10 wieder da gewesen. Das bedeutete, dass wir etwas Freizeit hatten. Also schlief ich bis zum Mittag mein Jetlag aus und dann bis 15 Uhr nochmal. Ab 15 Uhr hatte ich meinen ersten Sprachunterricht, also wieder kein Training.
Man arbeitet sich zusammen mit einer Englisch sprechenden Lehrerin durch ein Lehrbuch und lernt dann noch ein paar Vokabeln. Das ist aber nicht so einfach. Die Wörter sind in Silben aufgeteilt. Jeder Vokal in diesen Silben kann vier verschiedene Betonungen haben und für jede Variante gibt es dann meistens ein eigenes Zeichen. Also lernt man nicht nur Vokabeln, sondern auch die richtigen Betonungen. Und von den Schriftzeichen will ich gar nicht erst anfangen. Satzbau hatten wir bisher noch nicht behandelt. Aber es gibt sicher einen. Glaube ich.
Man kann anstatt dessen auch „full-day-training“ machen aber dann hat man keinen Sprachunterricht, was ich bedauern würde. Darüber hinaus möchte ich meinen Körper in der ersten Zeit gerne etwas an das training gewöhnen, bevor ich full-day mit einsteige. Zumal ich etwas vorbelastet bin was mein Knie angeht. Dazu sagt mein Shifu, dass fast jeder der aus Deutschland kommt etwas am Knie hat. (Funfact?!) Es kommt hin und wieder vor, dass Schüler vorzeitig zurück in die Heimat müssen, da sie sich beim Training verletzt haben etc. Dem will ich vorbeugen.
Nach dem Abendessen war freies Training angesagt. Eine paar Leute aus meiner Gruppe haben mir gezeigt was sie gerade trainieren und was ich sonst so alles können/wissen muss. Generell ist es eine gute Voraussetzung recht beweglich zu sein wenn man hier her kommt. Das hilft einem viel und erspart ein paar schmerzen (aber längst nicht alle). Fit wird man schon von ganz alleine, da kommt man auch gar nicht drum herum. Ist ja auch gut so.
Alles in allem war der Mittwoch damit recht easy, ich hatte Zeit um anzukommen, nur morgens eine Stunde lang hartes Training. So easy sollte es aber nicht bleiben…
Danke für’s aufschreiben, superinteressant :-)