Gastbeitrag.
Oli ist ein guter Kumpel, Feiergeselle und immer Quell der Freude, wenn wir uns mal sehen. Jetzt ist er für ein Jahr in einem chinesischen Kloster und macht dort was mit Kung Fu, Meditation und lernt Chinesisch. Ich habe keine Ahnung, was genau da passiert und bat ihn auch deshalb bei mir im Blog über seine dort gemachten Erfahrungen zu Schreiben. Hier finden sich alle seiner Texte.
Ich wurde am Flughafen von einem Mann abgeholt der ein Schild mit meinem Namen hoch hielt. Der konnte leider nur chinesisch sprechen, weshalb wir nicht mehr als ein freundliches „hello“ miteinander wechselten. Nach meiner Ankunft telefonierte er kurz mit dem Handy und ein weiterer Mann gesellte sich zu uns. Der konnte aber auch kein englisch. So begleiteten mich die beiden schweigend durch den Flughafen in die Tiefgarage. Wir stiegen in ein Auto ein und fuhren eine gefühlte Ewigkeit durch die Gegend. Ich dachte kurz, dass ich vielleicht bald eine Niere würde hergeben müssen. Aber nach zwei Stunden holten wir eine junge Frau ab die Englisch sprechen konnte. Sie arbeitet im Büro der Schule in der ich trainiere. Ab dem Zeitpunkt an machte ich mir um meine Organe keine Sorgen mehr, sondern nur noch um den Straßenverkehr. Es gibt zwar Fahrbahnmarkierungen, aber die hat man offensichtlich nur zu Dekorationszwecken aufgemalt. Niemand hält sich daran, wir mussten mehreren Geisterfahrern ausweichen. Viele davon LKW´s. Darüber hinaus scheinen die Leute immer mit einer Hand an der Hupe zu fahren. Ist vielleicht auch nicht so schlecht, wenn man ein Auto von links und rechts gleichzeitig überholt, dass beide Autos während des Überholvorganges fast durchgehend hupen. (Das ist besonders auf einspurigen Strecken ein echtes Erlebnis.)
Ich bin in Zhengzhou, einer 8,5 Millionenstadt gelandet. Doch von so vielen Menschen war wenig zu spüren. Wir waren fast immer auf den großen Hauptstraßen unterwegs, und abgesehen von quasi nicht vorhandenen Verkehrsregeln ist es dort nicht voller als auf Berlins Straßen. Etwas ausserhalb haben sie Wohnparks errichtet. 10-25 Häuserblocks mit mehr als 20 Stockwerken. Und das alle paar Kilometer während der gesamten Tour zur Schule. Keines der Gebäude war fertig, aber man hat scheinbar noch viel vor. Ich hätte euch gerne ein Bild davon gemacht aber die waren durch den Smog alle sehr verschwommen und schlecht zu erkennen.
In der Schule angekommen, begrüßte mich mein Shifu und zeigte mir mein Zimmer.
Nachdem wir dann ein bisschen Bürokratie erledigt haben, gab es auch schon Abendbrot. Ich bekam meine eigene Reisschüssel mit Stäbchen und lernte die anderen Schüler aus Europa kennen. Sie kamen/kommen aus Kroatien, Tschechien, Belgien, Österreich, Frankreich, England ect. Alle sehr nett. Man kann kommen und gehen wann man mag. Da gibt es keine Zeiten oder Regularien. Auch das Alter ist im Grunde genommen egal. Wer unter 18 ist, braucht einen Betreuer. Unser ältester ist kurz vor der 40 und schlägt sich hier sehr gut.
Meine Hälfte vom Zimmer.
Die Schüsseln müssen wir nach dem Essen mit kaltem, klarem Wasser ausspülen und auch sonst scheint es mit der Hygiene nicht all zu weit her zu sein. Die chinesischen Kids spucken irgendwie überall auf den Boden. Ob im Flur, auf dem Hof, sogar in der Kantine. Eine 3 Sekunden-Regel für Essen oder Stäbchen die auf den Boden fallen gibt es hier also nicht. Auch das Obst, wie Äpfel oder ähnliches, sollte man immer schälen. Die sind zwar unsagbar groß und lecker, aber nur weil die so stark gespritzt werden. Aus dem Grund der etwas „anderen“ Hygiene und den neuen Gewürzen im Essen sagten mir die anderen, dass ich schon bald krank werden würde. Genau wie alle anderen vor mir auch schon. Tolle Aussichten, aber bisher geht es mir noch gut.
Mein Zimmergenosse hat mich dann kurz über ein paar Regeln hier aufgeklärt. Wir haben immer das Bett zu machen, das Licht zu löschen, die Klamotten ordentlich zusammen zu legen ect.
Wenn man sich nicht im Zimmer befindet aber zum Beispiel gerade sein Handy lädt, nimmt es der Shifu weg. Man kann sich sein Handy dann gegen 100 Liegestütze wieder zurück holen. Und das Ledergerät für nochmal 100. Wenn man zu spät zum Training kommt: Liegestütze. Wenn man Essen wegwirft: Liegestütze. Wenn das Zimmer unordentlich ist: Liegestütze. Wenn man beim verlassen des Zimmers das Licht an lässt: Liegestütze. Ect. Bisher hatte ich Glück. Die Liegestütze die wir während des Trainings machen, reichen auch vollkommen aus.
Nach meiner ca. 21 Stunden langen Reise, bin ich auch gleich ins Bett und habe so tief geschlafen, wie schon lange nicht mehr. Um 5:30 klingelte der Wecker…
Das Gebirge hinter der Schule. Yuntai Shan Mountain.
Hey Olli, das ist so spannend! Und mit deinem typischen Humor liest es sich auch sehr schön! Ich wünsche dir eine schöne Zeit dort und freue mich mehr davon zu Hören!
Liebste Grüße von der Leah =)
„Der konnte leider nur chinesisch sprechen, […]“ – das ist eine sehr fordernde Sicht der Dinge. Eine alternative Formulierung wäre: „Leider ist mein Chinesisch noch nicht sehr gut, […]“
@Karsten: Nein ist es nicht,da auf der Website angegeben wird,dass die Betreuer Englisch sprechen.Zur Betreuung gehört auch das Abholen. Aber keiner regt sich darüber auf. Manchmal sollte man einfach die Blogs von Menschen genießen können,vorallem wenn Sie solch was Wunderbares machen. Oli,danke und ich freue mich auf jeden neuen Beitrag und bitte nicht beim Schreiben anfangen, jedes Wort auf die Goldwaage zu legen:)