Im April öffnete in der Berlin das Urban Art-Projekt The Haus seine Pforten und präsentierte dort in einem leerstehenden Bankgebäude urbane Kunst von 150 Künstlern. Drei Monate später sollte das Haus samt der Ausstellungsobjekte abgerissen werden. Street Art als vergängliches Gut. Soweit, so gut.
Die Aktion wurde überregional medial gefeiert und war bestens besucht. Dennoch gab es auch Kritik, die aus der Szene selber kam. Mit dabei die TOY Crew, die vor drei Wochen eine Botschaft für die Organisatoren an eine Rüstplane schrieb, die an jenem Haus hing.
Ihr Vorwurf: „Graffiti in den Dienst von Investoren zu stellen und sich mit Graffiti, welches als gesellschaftlicher Gegenentwurf gestartet wurde, dem konservativen Normen der Gesellschaft zu unterwerfen.“
Es wurde geklatscht und gejubelt von den Schundblättern der Stadt. XI-Design, ihr seid der Ekel Berlins. Einer verrottenden Stadt und ihr tretet auch noch nach. Arglistig erschleicht ihr euren Vorteil auf dem Rücken der Berliner Graffitigeschichte und lasst sie unter eurem Konsumdreck verschwinden. Ja, einen tollen Erlebnispark hattet ihr geschaffen. Wo der sonst so intollerante Pöbel vom Ächter zum Versteher der ihnen so verhassten Kultur werden durfte. Doch das war kein Graffiti. Das war keine Kunst. Ihr habt nur eine stumpfsinnige und morallose Entertainmentversion fürs einfache Gemüt serviert. Merkt ihr nicht wie verlogen, wie aberkennend und primitiv das hier war? Graffiti fragt nicht nach Zustimmung. Graffiti passt sich nicht der Gesellschaft an. Graffiti ist ungehorsam. Graffiti ist keine Zutat für eure Kackgesellschaft, sondern drei Hände voll Salz, die eure Suppe ungenießbar machen.“
(via Urbanshit)
„Oh nein, jemand macht Geld mit dem, was mir bisher immer geholfen hat, mich als hipper Möchtegernrebell zu gebärden. Voll Kommerz ey! MImimi!“
Du fasst deren Problem ja ganz gut zusammen: Eigentlich hältst du sie für Möchtegernrebellen, aber wenn sie brav im Bankenhaus sprühen, dann findest du sie ganz toll.
Dich will die TOY-Crew nicht als Fan haben.
Wo habe ich geschrieben, das ich die Sprüherei im Bankenhaus toll finde? Ich wollte mit meinem Post nur ausdrücken, wie pubertär ich diese Haltung finde, etwas automatisch scheiße zu finden, sobald jemand Geld damit verdient. Am häufigsten ist das bei der Kunstform Musik zu finden: Jemand findet unbekannte Band XY toll und sagt das auch jedem. Band XY wird dadurch erfolgreich, verkauft mehr Platten und verdient damit Kohle. Plötzlich findet er diese Band garnicht mehr toll, sondern wirft ihr Kommerzialisierung vor und verteufelt sie.
Ich war auch mal so drauf. Nur war ich da 14 oder so…
Würde dir ja grundsätzlich zustimmen, dass es pubertär ist, etwas blöd zu finden, weil jemand Geld damit macht. Kommerzialisierung bedeutet ja aber eben nicht bloß, dass jemand Geld damit macht, sondern bedeutet, dass die entsprechende Sache zusätzlich so glatt gemacht wird, dass sie für den Mainstream Konsumtauglich wird. Dabei geht oft genau das verloren, was die Sache eigentlich ausmacht.
Die Kritik richtet sich also weniger gegen das Geldverdienen, sondern dagegen, dass sich die Sache anpasst oder angepasst wird um damit mehr Geld zu verdienen. Die Sache selbst bleibt davon ja eben nicht unberührt. Und dann kann man eben drüber streiten ab wann der Eingriff so groß ist, dass man es z.B. nicht mehr als „Grafitti“ bezeichnen möchte, weil es im wesentlichen nur noch Lack-Malerei ist die gefallen will.
Das einfach als pubertär abzutun ist mir jedenfalls ein bisschen zu einfach.
Und?
Haben ja auch ein bisschen Recht.
Echtes Grafitti gibts immer noch, zum Glück.
AAAllltter was für ne fette Action!
Schundblättern ….der Ekel Berlins. Einer verrottenden Stadt… Arglistig erschleicht ihr euren Vorteil auf dem Rücken der Berliner Graffitigeschichte … Konsumdreck …der sonst so intollerante Pöbel …verlogen, wie aberkennend und primitiv…
Zum Glück gibt es sie noch, die Kämpfer für Anstand und Moral !!!
Ja. Zum Glück!
Schon in Style Wars 1983 gabs CAP, der den Outlaw gespielt hat und meinte das sind alles Sellouts, und dann die anderen die sich gefreut haben in eine Gallerie zu kommen. Das Thema ist alt und müßig. Wer mit Malen und Kunst Geld verdienen will soll das doch tun dürfen. Wer Outlaw sein möchte darf doch auch in den kommenden Jahren noch sein Silberpanel auf ne S-Bahn oder ne Tür in Kreuzberg malen, das wird auch in 10 Jahren nicht Massentauglich sein. So hat jeder seinen Platz und ich habe immer noch lieber ein GHS am Haus als dass da irgendein toter Investorglasbunker steht.