Zum Inhalt springen

Doku: The Sound of Belgium

Sehenswerte weil interessante Retrospektive über die Musik des relativ kleinen Landes. Vom ersten Orgel-DJ bis zu den Hardcore-Orgien der 90er Jahre, an die ich mich zumindest musikalisch noch erinnern kann und in Form von Vinyl als Leichen im Keller habe. Bis nächsten Samstag noch auf arte+7.

Mitte der 80er Jahre brodelt die belgische Clubszene unter dem steten Grau in Grau des belgischen Himmels: Die minimalistischen Rhythmen und hämmernden Beats des EBM, der Electronic Body Music, bringen in Clubs wie dem Ancienne Belgique das Publikum zum Kochen, während der aus Chicago importierte Acid House in ganz Europa die Soundsysteme vibrieren lässt. Findige Producer vermischen die treibende Monotonie des EBM à la Front 242 („Headhunter“) mit der hypnotischen Energie des Acid House und experimentieren zusätzlich mit der Abspielgeschwindigkeit der Schallplatten: Eher zufällig erblickt der New Beat das zuckende Stroboskop der belgischen Clubs und wirbelt den Underground durcheinander.

Der neue Sound stampft so wuchtig und zuverlässig wie ein Presswerk, die Melodien versetzen die Tanzenden in Trance und sorgen für massenhafte Ausschüttung von Glückshormonen. Der New Beat wird getragen von Eintönigkeit, einer depressiven Grundhaltung sowie kompromissloser Härte; er ist so schmutzig wie die Brüsseler U-Bahn der 80er. Schon bald pilgern junge Belgier in die nun aus dem Boden sprießenden Clubs, um in der Repetition des New Beat Kraft zu finden.

Schnell entwickelt sich der neue Stil zu einem grenzübergreifenden Phänomen. Nach einiger Zeit beginnen Gruppen wie 2 Unlimited („No Limit“) oder Technotronic („Pump Up The Jam“) mit der Abschöpfung des kommerziellen Potenzials dieser im Untergrund verhafteten Musikrichtung. Das belgische Experiment des New Beat mutiert währenddessen stetig weiter und spaltet sich schließlich in verschiedene Spielarten wie Hardcore-Techno oder Gabber – der Einfluss auf die elektronische Musikszene bleibt hingegen bestehen.


(Direktlink, via Tanith)

8 Kommentare

  1. Unthinkable Nothingness24. November 2014 at 16:55

    Ich werde den Eindruck nicht los wonach die Protagonisten dieser Doku als Begründer des Techno dargestellt werden, bei gleichzeitiger Einblendung von 2 Unlimited versteht sich.

  2. oli25. November 2014 at 10:28

    Unthinkable Nothingness,

    genau das selbe gefühl hatte ich auch als ich diese doku nachts sah.
    diese subtile selbstüberschätzung und weit hergeholte suggierung hinterlies einen faden beigeschmack weger vorahnung, dass weniger-wissende dies abkaufen könnten.

  3. ART25. November 2014 at 14:12

    @ oli & @ Unthinkable Nothingness :
    1. Ja, stimmt wohl
    2. Age of Love war schon geil :-)
    3. Bonzai rec. sind für mich immer noch Unantastbar

  4. Dr. Captain25. November 2014 at 19:42

    Ja… Nee
    Wenn die Erwachsenen was erzählen fangen garantiert die Kiddies an zu nörgeln.
    Keine Ahnung wo man da in der Doku den Eindruck bekommen soll, dass die Belgier Techno erfunden haben.
    egal…. ich verbuche das mal unter ich *Keine Ahnung haben aber trotzdem mal meckern*
    Der Sound prägte jedenfalls auch hier in Berlin eine Menge Leute und geil war es sowieso. :D

  5. ART26. November 2014 at 01:16

    @ Dr. Captain: Ich bin Erwachsen, jedoch kann man die Vielseitigkeit des Technos nicht auf Belgien “runter reduzieren”. Da ging noch viel mehr Hand in Hand. Euro-Dance war auch nur eine Facette, die sich daraus entwinkelt hat und die aufgegriffen worden ist in der Dokumentation, klar gab es da “mehr”-Wert.
    Es geht uns Erwachsenen darum das wir Teil davon waren/sind und nicht erwähnt worden sind :-)

  6. hanne28. November 2014 at 13:41

    kann mir jemand sagen wie der track genau hieß den der ronnie nur mit strobo gespielt hat? bzw gibts ne tracklist/verzeichniss an tracks die in der doku liefen?

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Entdecke mehr von Das Kraftfuttermischwerk

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen