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Weil das mit den Abmahnungen ja nicht aufhört

Ole Reißmann hat heute einen wie gewohnt zahnlosen Artikel auf SpOn über den aktuellen Stand der Abmahnolympiade der Agentur HGM Press geschrieben. Kein Wort darüber, dass es dringend nötig wäre, die deutsche Gesetzgebung den aktuellen Verhältnissen anzupassen, keine Verwunderung darüber, dass diese Abmahnungen aktuell fast ausschließlich nur von einer Agentur vorangetrieben werden – der HGM Press. Keine Nachfrage, ob diese brutalen Summen auch nur irgendwie im Verhältnis zu dem „entstandenen Schaden“ stehen. Nur die Fakten mit dem Hinweis, dass das vom deutschen Recht so gedeckt sei; fertig.

Ein Foto, zwei Sätze, noch ein Link dazu: fertig ist der Blog-Eintrag. Auf eigenen Websites, in sozialen Netzwerken wie Facebook, Pinterest oder Tumblr veröffentlichen Internetnutzer ihre Netzfundstücke. Sie gehen dabei auf Kollisionskurs mit Gesetzen und der klassischen Medienwelt, und manchmal knallt es.

Das Ding ist eben, dass es nicht „manchmal“ knallt, sondern das das – wenn sich das durchsetzen sollte – zur Eigenheimfinanzierung irgendwelcher Agentur-Hampels und irgendwelchen Anwälten dient.

Leider aber ist es m.E. zu einfach, so zu tun, als wären 50 Jahre alte Gesetze in dem Medium des 21. Jahrhunderts noch zeitgemäß. Denn das können sie nicht sein; Punkt. Immer wieder darüber zu schreiben, was da gerade an Wahnsinn durch die Welt abgemahnt wird, ohne mal zu fragen, ob diese Tüpen alle jeden Morgen Lack saufen, ist ja schön faktisch, wirft aber leider keinerlei Widerspruch zu der kriminalisierenden Praxis auf. Das ist ein Problem.

Rene hat eine Peplik auf den Artikel geschrieben, der Fragen stellt und Fakten, die zu stellen und zu sammeln ein „Qualitätsmedium“ eigentlich in der Lage bzw. in der Pflicht sein sollte. Machen die nicht – da müssen die Blogger schon selber ran.

Weiterhin behauptet die Agentur, „in zeitlichem Vorlauf über die Rechte“ zu verfügen. Das kann im Einzelfall zutreffen, aber ich wette darauf, dass Blogs die Michel OHG zeitlich um mindestens Tage, wahrscheinlich aber Wochen, wenn nicht gar Monate, schlagen. Wenn eine Meldung aufpoppt, sind Blogger bzw. das soziale Netz heute nach wie vor schneller, als klassische Medien oder gar Bildagenturen, womit sich eben doch die Tatsache ergibt, dass Blogs eine Meldung groß machen und später dafür abgemahnt werden. Juristische Rechtmäßigkeit hin oder her: Das ist völlig und vollständig absurd!

Die OHG Michel mag im Einzelfall im Recht sein, Fakt ist dennoch, dass hier (mal wieder) die Realität des Internets mit den Mechanismen traditioneller Medien und ihrer Strukturen kollidiert. Die Abgemahnten sind hier – etwas zynisch formuliert – Kollateralschaden in den Copyright-Wars und am Ende wird der Staat neue gesetzliche Rahmenbedingungen schaffen müssen, die der neuen Mediennutzung im Netz eine legale Grundlage schafft.

Ich bekam heute eine anonymisierte Mail mit einer neuen Ladung Fotos, die perspektivisch abgemahnt werden. Irgendwelche Arschlochkinder entwickeln nämlich gerade ein Geschäftsmodell welches nach deutschem Recht sogar klar geht. Hier muss eine andere Lösung her. Und zwar schnell. Denn „die Alternative ist die Kriminalisierung einer ganzen Generation.“

11 Kommentare

  1. Pfluesterer4. November 2012 at 10:46

    Ich schaue mir gerade ein Interview mit einem Anwalt für Publikationsrecht auf YouTube an und dieser erklärt, dass man in Deutschland die Panoramafreiheit auf seiner Seite habe, die aber in anderen Ländern nicht existiere. Diese Panoramafreiheit erlaube es, im öffentlichen Raum Fotos von Kunst oder Tieren zu machen und diese auch ohne Einholung von Erlaubnissen zu publizieren.

    Beispielhaft führt der Anwalt an, dass man z.B. in Frankreich den Eiffelturm tagsüber fotografieren und dieses Foto publizieren dürfe. Wenn man allerdings den Eiffelturm nachts fotografiert, darf man dieses Foto nicht im Internet veröffentlichen, weil das französische Urheberrecht greift, denn die Stadt Paris hat das Urheberrecht auf den beleuchteten Eiffelturm. Wenn man das nun ignoriert und das Foto des nächtlichen Eiffelturms im Netz publiziert, passiert zwar nichts nach deutschem Recht aber man kann in Frankreich in Abwesenheit verurteilt werden und bei nächsten Einreise nach Frankreich klicken dann die Handschellen.

    Des weiteren darf man in Deutschland nur bleibende Kunstwerke im öffentlichen Raum fotografieren und publizieren. Da ich selbst einen Blog betreibe, gerne auch Kunst im öffentlichen Raum fotografiere, fange ich an, mir Sorgen zu machen. Mein Budget ist nämlich nicht dafür ausgelegt, irgendwelchen Agentur- und Anwaltsfuzzis das Haus abzubezahlen.

  2. Pfluesterer4. November 2012 at 10:54

    Eltern: Kind, was willst du mal werden, wenn du groß bist?
    Kind: Ich will Jura studieren.
    Eltern: Du willst also ein Anwalt werden?
    Kind: Nein, Blogger.

  3. Neues von der Abmahnfront | -=daMax=-4. November 2012 at 11:17

    […] der Ronny lässt es sich nicht nehmen, dem spOn-eigenen Ole Reißmann mal kräftig den Marsch zu blasen: Immer wieder darüber zu schreiben, was da gerade an Wahnsinn durch die Welt abgemahnt wird, ohne […]

  4. born senf4. November 2012 at 14:14

    dieses blog geht auf grund zweier abmahnungen schon mal down. eine traurige entwicklung.
    http://www.eblogx.com/

  5. […] Abmahnungen: Tausende Euro für ein Foto Neues in der Abmahnsache Nathan Sawaya Warum das Abmahnen von Bildern ein recht leichtes aber gutes Geschäft ist, was mich daran ärgert und welche Fragen sich mir stellen Weil das mit den Abmahnungen ja nicht aufhört […]

  6. Depubliziert | sixumbrellas4. November 2012 at 18:17

    […] dieser Maßnahme greifen aktuell viele deutsche Blogger. Ich bleibe dabei, die Gesetzeslage in Deutschland ist […]

  7. Rene5. November 2012 at 10:32

    Wie man Abmahnungen am besten vermeidet? Eigentlich ganz einfach: Eigenes veröffentlichen. Oder anders ausgedrückt – wer geklaute Inhalte auf seiner Website, seinem Blog oder Forum anbietet oder anbieten läßt, braucht sich über Abmahnungen nicht zu wundern.

    Allein die Kommentare auf eblogx zeigen, dass viele nicht lernen wollen. Hauptsache Inhalt. Woher dieser kommt, ist kack egal.
    Anwälte werden also künftig noch viel Arbeit haben – sowohl um abzumahnen, als auch um den Abgemahnten beizustehen.

  8. Ronny5. November 2012 at 13:07

    @Rene
    Toller Kommentar. So konstruktiv auch und am Thema entlang. Bla laber Keks. Vielen Dank.

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