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Ich habe heute feststellen können, wie privilegiert wir jungen oder halbalten, netzaffinen Menschen eigentlich mit diesem ganzen Internet-Computerzeug sind. Im Idealfall aufgewachsen mit ner 2600er Atari-Konsole, dem C64, dem 500er Amiga erst, hinterher gleich den 2000er. Danach dann Atari 1040 ST, 486er-PC und zu guter Letzt irgendwelche Monsterrechner, mit deren Rechenleistung man vor 20 Jahren hätte noch ganze Kraftwerke steuern können- ganz egal ob nun Mac oder PC. Da sitzen wir heute, öffnen morgens unsere Reader, bewegen die Mouse, als sei sie nichts weiter wie ein verlängerter Finger, hauen auf die Tastatur und schreiben all diese Sachen, die uns täglich so durch die Birne gehen, jeden Tag ins Netz. Wer das nicht auf einem Blog tut, tut es eben bei Studibums, Schülerdings, Fratzenbuch, MeiSpäce, in irgendwelche Foren oder in irgend einen Chat-Client. Ganz egal wo, aber er tut es. Fast jeder tut es. Ich bin der Letzte, der das, was da getan wird, werten würde. Ich finde eben auch gut, dass die Kids mit diesen ganzen Social-Networkingdingern aufwachsen können. Manchmal denke ich auch, da bin ich, da sind wir, gerade jene nimmermüden Kritiker, einfach zu alt für und haben einfach keine Ahnung davon, was für Möglichkeiten eben genau diese meistens belächelten Communities für die Kids heute mit sich bringen. Und um das mal zu sagen: viele von den ganz jungen Menschen lächeln nur müde über das, was gerne „Blogosphäre“ genannt wird. Das ist ihre Sache nicht. Das ist ihre Denke nicht. Die lächeln auch über Jazz. Aber damit kann ich gut um, ich habe die Älteren auch nicht verstanden bei dem was sie taten, als ich 16 war. Ich finde das sogar gesund. Über Inhalte kann man gerne diskutieren, werten sollte man das vorher nicht.

Eines zumindest verbindet jene, die sich durch die Welt bloggen und jene, die eben den ganzen, anderen, interaktiven Schniggens nutzen, den das Netz so bietet: die Fähigkeiten, genau das zu bedienen. Das dazu nötige, technische Grundverständnis einen Rechner zu bedienen um das Netz als solches nutzen zu können. Zugegeben: viele der Kids heute machen die Dinger an und hoffen, dass die Kisten laufen, irgendwie. Wenn das nicht der Fall ist, fragen sie die Nerds in ihren Klassen, die eben auch die Theorie dessen kapiert haben. Wenn das nichts hilft, fragen sie eben ihre Sozialarbeiter, die mit den 2600er Konsolen und die wechseln dann die RAMs oder richten die drahtlosen Netzwerke ein, die machen das dann schon irgendwie. Will heißen: ganz so technickbeknackt wie wir es damals waren, und vielleicht noch sind, sind die heute auch nicht mehr. Sie hoffen, dass das alles irgendwie funtioniert um im Netz interaktiv tätig sein zu können. Und genau darauf will ich eigentlich hinaus, sie können diese Sachen bedienen. Wissen, was ein Browser ist, wissen was ein Benutzernamen und ein Login ist, wozu man Passwörter braucht, und dass diese nicht die Namen der aktuellen Körperflüssigkeitenaustauschpartner sein sollten, wegen der Sicherheit und so.

Ich war heute dabei, wie junge Menschen, 17-18 Jahre alt, Rentnern, 60-70 Jahre alt, erklärt haben, wie das alles funktioniert mit dem Computer und dem Netz und so. Zumindest haben sie es versucht und sie haben sich viel Mühe gegeben. Wissen wollende waren Senioren, die zwar schonmal an einer Schreibmaschine gesessen haben, aber noch nie eine Tastatur, geschweige denn eine Mouse unter ihren Fingern hatten. Die weder wussten was eine Startleiste ist, noch das man einen Rechner nicht an- und ausmacht, als wäre es ein Fernseher. Kann sich irgendjemand da draußen vorstellen was es bedeutet, an einen Rechner zu gehen, ohne zu wissen, was das Dingen alles kann? Ich kann das nicht und war nahezu überwältigt davon zu sehen, wie weit die Jungen oder die Halbalten das heute verinnerlicht haben. Ransetzen, anmachen, loslegen. Mich hat echt bewegt, zu sehen, was für Welten dazwischen liegen. Zu sehen, wie der nette alte Herr das italienische Hotel im Netz sah, in dem er seinen Sommerurlaub verbracht hatte und fast freudig vom Stuhl sprang, fassunglos, dass man sich das so mit drei, vier Klicks einfach so ansehen kann. Zu sehen, wie sich die Herrschaften die Fotos vom letzten Gemeindefest ansehen konnten, auf denen sie selber zu sehen waren und von denen sich nicht einmal wussten, dass die für jederman auf der Welt zugänglich sind, so denn der die sehen will. Das das nur mit Flashplayer möglich ist, hat sie überfordert, aber das und viele, viele andere Dinge erklären ihnen die Kids nächste Woche. Auch das mit dem Caps lock, der Shift-Taste, der Enter“Stiefel“taste und der Leertaste. Den Dingen eben, die eine Schreibmaschine nicht mit bringt.

In 10 Wochen wollen sich einige der Herrschaften dann selber einen Rechner zulegen. Mit dem DEESEL-Tarif müssten sie „dann aber nochmal genauer fragen“, sagen sie. Währendessen überlege ich mir hinten drin in meinem Kopf, nach welcher Doku ich morgen suche, welches Album ich mir am Sonntag im Netz laden kaufen werde, welches der großartigen Flickr-Sets, die ich die Woche gebookmarkt habe, ich noch bringen werde, was mein Reader morgen ausspuckt, ob ich von Cubase endgültig auf Ableton umsteigen sollte und auf welchem Netlabel unser nächstes CC-Release wohl am ehersten kommen sollte. Dazu höre ich Jazz, gekauft auf iTunes…

Ich bin gespannt auf die „Alten“ in den nächsten Wochen und echt froh, wie privilegiert wir jungen oder halbalten, netzaffinen Menschen eigentlich mit diesem ganzen Internet-Computerzeug sind.

6 Kommentare

  1. Piet7. November 2008 at 09:36

    vergiss klickdichtotwirvonsteinbergmögenskompliziertcubase – nimm live. es tut nicht weh. willkommen im heute. ;-)

  2. Piet7. November 2008 at 09:36

    ^offtopic

  3. Saint7. November 2008 at 10:03

    Ach, ich find Cubase weit simpler. Man wächst da rein nach über 10 Jahren. ;)

  4. verano7. November 2008 at 13:51

    mein lieber opa möchte sich in den nächsten tagen einen neuen rechner kaufen … der alte hat keinen cardreader am gehäuse!

  5. Markus3038. November 2008 at 22:33

    Klasse Text, schön geschrieben. Hört sich auch nach nem guten Projekt an.

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