Ich wusste, dass es Westler gab, die in den Jahren 1949 bis 1989 in den Osten „rübergemacht“ sind. Ich dachte, das beschränkte sich auf ein paar 100 Menschen, die Leute der RAF eingeschlossen. Offenbar aber gab es davon doch mehr: um die 500.000 – und wohl die wenigsten gingen aus politischen Gründen. So zeigt es aktuell in Berlin die Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde in ihrer Ausstellung „Wechselseitig„. Deutschlandradio Kultur hat dazu einen hörenswerten Beitrag mit den damals Gegangenen.
„Wer die DDR verlassen, also „Republikflucht“ begehen wollte, musste sich in Lebensgefahr begeben. Es gab aber auch genügend Menschen, die in die DDR einwandern wollten – insgesamt etwa 500.000 Menschen aus dem westlichen Teil Deutschlands. Die Ausstellung „Wechselseitig“ in Berlin zeigt: Die Wenigsten gingen aus politischer Überzeugung.
„Geh‘ doch rüber!“ Das war oft die Antwort am Stammtisch oder bei Diskussionen im Familien- oder Freundeskreis, wenn es um Kritik am politischen System in Westdeutschland ging. Dieser Spruch verdeutlicht, wie absurd es in den Augen vieler Zeitgenossen war, auf der Suche nach dem besseren Deutschland auch die DDR ins Blickfeld zu nehmen.“
[audio:http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2016/11/23/rueck_und_zuwanderung_in_die_ddr_zeitzeugen_berichten_drk_20161123_1331_022bf643.mp3]
(Direkt-MP3)
Über das Zentrale Aufnahmeheim Röntgental:
Die geheime Einrichtung wurde im April 1979 vom Ministerium des Inneren eröffnet und blieb als letztes von mehreren Aufnahmeheimen bis zum Frühjahr 1990 in Betrieb. Sie konnte bis zu 117 Personen aufnehmen.
Anfang der 1980er Jahre verfügte die Einrichtung über insgesamt 112 Mitarbeiter, die aus der Hauptabteilung Kriminalpolizei (Arbeitsgruppe der Volkspolizei, 51 Mitarbeiter), dem Bereich Innere Angelegenheiten (32 Mitarbeiter) und den Betriebsschutzkommandos der Volkspolizeiinspektion Pankow (29 Mitarbeiter) stammten. Hinzu kamen 19 hauptamtliche Mitarbeiter der Staatssicherheit. Im Zeitraum von 1981 bis 1985 wurden in der Einrichtung 1100 Personen überprüft, etwas mehr als die Hälfte der Personen wurde zurückgewiesen. Die Neubürger wurden nach ihrer Ansiedlung in der DDR weiterhin durch Staatssicherheit und Volkspolizei kontrolliert.
Während ihres Aufenthalts in der Einrichtung durfte das eingezäunte Gelände nicht verlassen werden. Es fanden routinemäßig mehrfache Vernehmungen durch Staatssicherheit und Volkspolizei statt. Öffentliche Aufmerksamkeit erlangte die Einrichtung durch Berichte von Rückkehrern, die aussagten, dass ihr Aufenthalt mit haftähnlichen Umständen und einschüchternden Verhören verbunden gewesen sei. Während ihres Aufenthaltes seien sie über das zukünftige Schicksal ihrer Person und ihrer Familie im Unklaren gelassen worden und zermürbt worden. Einige Personen hätten sich unter diesen Umständen das Leben genommen.
Zu den Zeitzeugen zählt der spätere Innen- und Sozialminister des Landes Brandenburg Alwin Ziel. Formal durchliefen auch einige RAF-Mitglieder, die in der DDR aufgenommen wurden, diese Einrichtung.
(Wikipedia)