Vorhin schrieb ich: „Letzte Nacht lief im Ersten eine Doku über “Night Will Fall”, einem Film-Projekt Alfred Hitchcocks, mit dem er versuchen wollte, die unbegreiflichen Grausamkeiten des Holocaust irgendwie darzustellen. Ich habe die gesehen und sowohl mein Magen als auch mein Herz wollten mich danach nur schwer schlafen lassen.“
Nun ist die Doku doch online und kann hier noch bis zum 03.02.2015 in der ARD Mediathek gesehen werden. Sie lief allerdings neulich schon auf arte und wird dort übermorgen, Donnerstag, 29. Januar um 01:25 Uhr, noch mal wiederholt. [Triggerwarnung: Alles!]
Hitchcocks Lehrfilm für die Deutschen
Bei ihrem Vorstoß über Europa entdecken die Alliierten 1945 die ersten Konzentrationslager. Aus dem Entsetzen über das Bild der Grausamkeiten entsteht das Bedürfnis, alles zu dokumentieren. Britische, amerikanische und russische Kamerateams beginnen mit ihren Aufnahmen. Renommierte Regisseure wie Alfred Hitchcock und Billy Wilder werden beauftragt, aus dem Rohmaterial schonungslose Dokumente der Todeslager zu erschaffen. Als Teil der Psychologischen Kriegsführung sollen die Filme der deutschen Bevölkerung gezeigt werden.
Doch während die Amerikaner rasch mit einem kurzen Film an die Öffentlichkeit gehen, verzögert sich die Fertigstellung des britischen Films von Alfred Hitchcock. Und es ändern sich die politischen Vorzeichen. Unter dem Eindruck des beginnenden Kalten Krieges und der Wiederaufbaupläne für die westdeutschen Sektoren scheint es plötzlich nicht mehr opportun, die westdeutsche Bevölkerung nachhaltig mit ihren eigenen Verfehlungen zu konfrontieren. Der Film landet unvollständig in den Archiven, eine Filmrolle gilt bald als gänzlich verschollen.
Nach jahrelangen Recherchen und neu aufgetauchtem Material ist es dem Imperial War Museum nun gelungen, den Hitchcock-Film vollständig zu rekonstruieren. Er wurde im Rahmen der Berlinale 2014 erstmals öffentlich in Deutschland aufgeführt. Der Dokumentarfilm „Night Will Fall“ zeigt die Wiederherstellung des Hitchcock-Films mit den verantwortlichen Experten – und rekonstruiert zugleich mit Hilfe von Zeitzeugen – ehemaligen Lagerinsassen ebenso wie ehemaligen Soldaten und Kameraleuten – die Befreiung der Konzentrationslager 1944/45: Ungesehene Bilder und unerzählte Geschichten über eines der dunkelsten Kapitel des 20. Jahrhunderts.
(Arte)