Zumindest für mich in absolut keinster Weise nachvollziehbar, aber ganz offenbar auch in der gesellschaftlichen Mitte tiefer verwurzelt, als einige wahr haben wollen: Antisemitismus in Deutschland. Kirsten Esch, Jo Goll und Ahmad Mansour sind durch Deutschland gefahren und haben sich umgehört, wie es um die Juden in Deutschland steht. Erschütternd.
Lief gestern in der ARD, hier in der Mediathek, irgendwer hat die Doku auf YouTube gespiegelt.
„Es gibt inzwischen No-Go-Areas für Juden“, sagt der Berliner Rabbiner Daniel Alter über seine Stadt. Das seien zum Beispiel Teile von Wedding und Neukölln mit einem hohen Anteil arabischer und türkischer Migranten. Er selbst ist vor einem Jahr von arabischen Jugendlichen auf offener Straße brutal angegriffen und verletzt worden.
Am 9. November 2013 jährt sich die Reichspogromnacht zum 75. Mal: der unheilvolle Auftakt zum Massenmord an europäischen Juden. Wie sieht es heute aus mit der Judenfeindlichkeit in Deutschland? Um diese Frage zu beantworten, begeben sich drei Autoren auf eine Reise durch Deutschland. Sie beleuchten Hintergründe und Motivationen judenfeindlicher Gesinnungen in ganz unterschiedlichen Teilen der Gesellschaft.
Ahmad Mansour erforscht die Verbreitung des muslimischen Antisemitismus. Mansour, arabischer Israeli, lebt seit neun Jahren in Deutschland. Mit seiner islamistischen Vergangenheit, die von vehementem Antisemitismus geprägt war, hat er lange abgeschlossen. In Gesprächen mit Jugendlichen heute stellt sich heraus, dass in vielen muslimischen Familien bis heute Judenhass vorgelebt wird – häufig gestützt von arabischen Fernsehsendern, die ihre antisemitischen Kampagnen weltweit verbreiten.
Jo Goll, TV-Journalist und Experte für Rechtsextremismus, nimmt das rechtsnationale Lager in den Fokus. „Die Juden sind einfach an allem schuld“, tönt es aus diesen Kreisen. Goll spricht mit Aussteigern aus der rechten Szene und besucht ein koscheres Lokal in Chemnitz, dessen Besitzer von massiven Übergriffen berichtet.
Das Gleiche gilt auch für die Jüdische Gemeinde in Dessau, deren Vorsitzender Alexander Wassermann ist: „Ich traue mich schon lange nicht mehr mit Kippa auf die Straße. Das ist in Dessau einfach zu gefährlich.“
Dokumentarfilmerin Kirsten Esch will wissen, wie viel Antisemitismus in der „Mitte der Gesellschaft“ zu finden ist. Sie spricht mit Experten und mit Menschen auf der Straße und trifft unter anderem eine Linguistin, die über 100.000 E-Mails, Leserbriefe und Texte aus dem Internet mit antisemitischen Inhalten und anti-jüdischen Klischees untersucht hat.
Professor Monika Schwarz-Friesel kommt zu dem erstaunlichen Ergebnis, dass die überwiegende Mehrheit der Verfasser keinem extremen Lager angehört, sondern in der „Mitte der Gesellschaft“ zu finden ist.
Der Bielefelder Professor Andreas Zick, der sich selbst „Vorurteilsforscher“ nennt, warnt: „Antisemitismus, auch wenn er nur latent ist, bleibt immer Wegbereiter vom Wort zur Tat.“
http://youtu.be/ZqkY-JIKPM8
(Direktlink)