Als ich am Sonntag las, das in Berlin eine 17-Jährige wegen eines fehlenden Mund-Nasen-Schutzes von sechs Erwachsenen krankenhausreif geprügelt wurde, dachte ich so: „Mein Gott, mir gehen die Maskenverweigerer ja auch auf den Sack, aber die junge Frau ist 17 – und auch ich habe meine Maske schon mal vergessen. Das darf doch nicht wahr sein!“
Die junge Frau, die mit Hirnschädeltrauma, Bauchtrauma und weiteren Verletzungen im Krankenhaus behandelt wurde und dort immer noch verweilt stellt die Situation jetzt gänzlich anders dar. Demnach nämlich waren die sie Angreifenden Menschen ohne Maske und mit rassistischen Motiven. Dazu hat sie einen Insta-Beitrag veröffentlicht.
Mal wieder ein Beispiel dafür, was passiert, wenn Medien ungeprüft irgendwelche Pressemitteilungen übernehmen. Mal gucken, ob die ihre Sicht der Dinge jetzt noch nachschieben.
Mir fehlt mittlerweile der wöchentliche Gang ins Stadion des SVB. Bundesliga ist mir nach wie vor ziemlich bis sehr egal, aber so Randnotizen bekomme ich natürlich trotzdem mit. So wie diese, in der ein offensichtliches Vereinsmitglied von Mainz 05 seine Kündigung mitteilt, worauf Mainz 05 sehr souverän reagiert, wie ich finde.
When they say “Why do you burn down the community? Why do you burn down your own neighborhood?” It’s not ours! We don’t own anything! We don’t own anything! Trevor Noah said it so beautifully last night: There’s a social contract that we all have — that if you steal or if I steal, then the person who is the authority comes in and they fix the situation. But the person who fixes the situation is killing us! So the social contract is broken. And if the social contract is broken, why the fuck do I give a shit about burning the fucking Football Hall of Fame, about burning the fucking Target? You broke the contract when you killed us in the streets and didn’t give a fuck! You broke the contract when for 400 years we played your game and built your wealth!
Carolin Kebekus lässt ob der aktuellen Situation die Comedy mal bei Seite und macht einen Brennpunkt über Rassismus und lässt jene zu Wort kommen, die alltäglich davon betroffen sind.
Keine Ahnung, ob das so tatsächlich passiert ist, aber ein kleines Bisschen sehr wünsche ich mir, dass das so war. Weil ich täglich so einiges im ÖPNV erlebe, was soweit davon gar nicht entfernt ist. Also ja, könnte sein, dass das so passiert ist.
Die Busfahrerin steht auf, geht zu der Frau, baut sich vor ihr auf:
»Und OB ich das darf! Ich habe das Recht, Fahrgäste auf Grund ihres Verhaltens meines Busses zu verweisen und ICH DULDE KEINE RASSISTEN IN MEINEM BUS! Und SIE steigen jetzt SOFORT AUS!«
Es gibt so Momente an denen man nicht weiß, wohin mit sich und dem gerade Erlebten. Ich kenne das und habe hier hin und wieder darüber geschrieben. Im Nachhinein weiß ich heute, dass ich das vielleicht hätte anders machen sollen. Konnte es in jenen Momenten allerdings nicht. Weniger emotional hätte gut getan und mit mehr Bedacht auf meine kommunikativen Fähigkeiten, denke ich manchmal. Und dann aber auch wieder: Genau so hab ich das in dem Moment gefühlt, genau so habe ich reagiert und genau so habe ich es wiedergegeben. Und daran kann ich dann selbst im reflektierenden Rückblick nichts Falsches finden. Weil die Leute da draußen tatsächlich mitunter so arschlochig unterwegs sind, dass ich es manchmal halt einfach anders nicht auszuhalten ist. Man muss ja irgendwas machen in diesen Situationen.
So ähnlich muss es gestern wohl auch dem Journalisten André „Dré“ Voigt gegangen sein, der eigentlich eher Basketball beschreibt, aber nun in Wolfsburg in den Rängen beim Testspiel zwischen Deutschland gegen Serbien gelandet ist – und sich jede Menge Scheiße anhören musste, die vielleicht viele von uns täglich in den Öffentlichen hören müssen. Geht zumindest mir so. Und dann diese Ohnmacht, dass keiner was sagt. Und dann macht man das halt selber, wenn man es gerade irgendwie so auf die Reihe bekommt. Und dann merkt man, dass viele gar nichts sagen, weil es für sie dazu offenbar nichts zu sagen gibt. Harter Scheiß. Wirklich.
Und ich weiß keine Antworten. Bleibe aber dabei, dass es in diesen Momenten immer wichtig ist, das Maul aufzumachen, so denn man dazu in der Lage ist. Das nicht als „normal“ durchgehen zu lassen, denn dann wird es irgendwann normal. Weil keiner was dagegen sagt.
Mit Rassisten diskutieren, das ist, wie mit einer Taube Schach spielen: Egal wie gut du bist, egal wie sehr du dich anstrengst, am Ende wird die Taube aufs Spielfeld kacken, alles umschmeißen und umherstolzieren, als hätte sie gewonnen.
Während wir hier in schönstem Sonnenschein über kroatische Inseln fahren, fällt mir erschreckend auf, wie sehr Kettcars Album „Ich vs. Wir“ in diesem Sommer knallt. Regelrecht in die Fresse haut. Bei fast jedem Song. Und nach den letzten beiden Tagen hier ganz besonders bei diesem.
(Liebe Hörerinnen und Hörer, sicher warten sie schon gespannt
Hier kommt sie: die Mannschaftsaufstellung für Deutschland)
Wir haben einen der die Steine reicht
(Einen der sie schmeißt)
Hoch motiviert, gut trainiert
Und sicher, dass wir hier nicht verlieren
Eine Mannschaft mit Kampfkraft
Die jetzt ihre Chance hat
Die jetzt ihre Chance sieht
Jeder weiß, jeder weiß
Worum es geht
Jeder weiß, jeder weiß
Worum es geht
Jeder weiß
Warum er hier steht
Wir werden Druck mit aller Macht ausüben
Aus der Deckung schießen, Hass und Lügen
Weltverschwörer auf der Sieben
Und zentral: Radikal, agressiv, stolz und national
Einer der im Weg steht, um die Retter zu blockieren
Fünf die applaudieren, während die anderen agitieren
Und einer der die Fahne trägt
Während einer mit Gewalt die Kameras zu Boden schlägt
[Hook]
Und als wir gemeinsam vor dem Radio saßen
Die Aufstellung hörten, unser Abendbrot aßen
Nahmst du meine Hand, und sagtest:
„Liebling, ich bin gegen Deutschland“
(Wir haben jetzt den Mannschaftskapitän am Mikrofon
Was habt ihr euch vorgenommen?)
Wir bilden eine Mauer, machen alle Räume dicht
Mit einem Populisten, der durch die Abwehr bricht
Ein‘ Stammtischphilosophen am rechten Außenfeld
Die Doppelsechs, die alles Fremde ins Abseits stellt
Einen Nationalisten als hängende Spitze
Zwei, drei Mitläufer für rassistische Witze
Für die Standards eine, die zuschlagen kann
Und die schweigende Mehrheit als zwölfter Mann
Mit falscher Neun und aus dem Block
Die Wut vom digitalen Mob
Als eingespielte Truppe
Immer Spitze in der Todesgruppe
[Hook]
Und als wir gemeinsam vor dem Radio saßen
Die Aufstellung hörten, unser Abendbrot aßen
Nahmst du meine Hand, und sagtest:
„Liebling, ich bin gegen Deutschland“
Ein Frage, die von einem, der davon immer betroffen ist, einfach mal sachlich gestellt werden kann. Mano Lorca hat das mal und bestimmt freundlich getan. Spoiler: er wird kontrolliert weil er aussieht, wie er aussieht – und er kann so gut wie nichts dagegen
tun. Racial Profiling als regelmäßige Erfahrung. Nur eben, dass die hier gefragten Beamten das so nicht nennen würden. Natürlich nicht.
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