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788 Suchergebnisse für "muss los"

Mangelflashback

Wenn die konsume Versorgungslage im Ostdeutschland der Achtziger mal mangelhaft war und das war sie eigentlich fast immer, gab es nicht all zu viele Möglichkeiten, an die Güter zu gelangen, nach dem es einen gerade fehlte, auch wenn es eigentlich nicht grundsätzlich an Grundversorgung mangelte. Manchmal aber sollte es schon ein wenig mehr sein, als die frische Rahmbutter, die Kartoffeln, den Kohl, – den es immer und überall gab – , die Club Cola, frische Vollmilch aus Tüten und den ekelhaften Joghurt, der so aussah, wie man es heute von gegossenem Silicon kennt. Nein, manchmal sollte es mehr sein. Sachen, die hier und heute als so selbstverständlich gelten, dass man auf sie gar nicht mehr achten müsste. Man kauft sie einfach.
Für alle die, die damals dort wohnten, wo sich das Bundesland erstreckt, was heute Brandenburg heißt, gab es nur einen Weg an die begehrten Sachen zu kommen. Dieser führte nach Berlin. Da war es dann egal, wohin man ging, denn die Kaufhallen dort waren um einiges besser bestückt, als man es in den brandenburgischen Kleinstädten gewohnt war. Man konnte quasi in einen Konsumrausch verfallen, an dessen Ende man eine Handvoll Alu-Geld und jede Menge bunte Scheine über die kleinen Kassiererinnentresen reichte. Man sagt, dass auch die Sachsen besser versorgt gewesen sein sollten, was sich wohl daraus begründete, dass sie aus technischen Gründen kein Westfernsehen empfangen konnten, weshalb man sie immer “das Tal der Ahnungslosen nannte”. Der Staat wollte offenbar einen Ausgleich schaffen und sie somit bei der Stange halten, was am Ende dann dennoch nicht gelang, aber das tut hier nichts zur Sache, ausserdem weiß ich nicht mal so recht, ob da was dranne ist, oder es sich nur um eine sächsische Konsumlegende handelt. Ich war nie in einer Kaufhalle in Sachsen. Wer sich den Weg bis darunter machte, fuhr gleich durch bis in die damalige ČSSR und ging dort einkaufen. So denn man ein Visum hatte zumindest. Dort gab es die beiden großen Cola-Marken, die man aus der Westwerbung kannte und die Honnecker nach der Machtübernahme von Ulbricht aus den Kaufhallen verbannt hatte. Wenn man in der Branderburger Steppe wohnte, die zudem noch durch den Schatten der Berliner Mauer besonders trübsinnig vor sich hin siechte, fuhr man in die Hauptstadt. Man fuhr nach Berlin.

Es hatte immer etwas von einem samstäglichen Familienausflug wenn eine Einkaufsreise nach Ost-Berlin anstand. Im Regelfall machten die Eltern das alle sechs Wochen, es sei denn, es entstand aus nicht vorhersehbaren Gründen, eine Konsumlücke, die man nur dort schnell und einfach stopfen konnte. So wie bei dem Kotflügel für den Trabbi, der mal schnell besorgt werden musste. Nachdem die Schule, die wir ja auch immer Samstag hatten, beendet war, gab es rituell schnell noch Kotelett und Gemüse und dann stieg die ganze Familie in den Trabant 601 “deluxe” Kombi, um in das 35 Kilometer entfernte Ost-Berlin zu fahren.
Der Weg führte uns vorbei an Großbeeren über Mahlow nach Schönefeld weiter bis zum Adlergestell, dass auch fast schon das Ziel der Reise war. Wenn alle gut gelaunt, das Wetter gut und die Zeit noch vorhanden war, machten wir Zwischenstopp auf dem Flughafen in Schönefeld und sahen uns an, wie die Flugzeuge aus aller Welt in unserem kleinen, grauen Land landeten. Dabei fragte ich mich immer, was die wohl hierher treiben könnte, weshalb ich all die, die die Flugzeuge betraten, um wieder fort zu fliegen, auch bestens verstehen konnte, wenn auch ich nicht wusste, wer die waren und was ihre Bewegründe für ihre Reisen waren. Ich mochte den Flughafen. Er war so modern und es roch überall nach Intershop. Außerdem gab es dort Pommes, was im Osten auch Seltenheitswert hatte und mit ein wenig Geschick bekam man die Eltern auch dazu, welche zu bezahlen. Ein paar Meter vor dem Flughafen, vorne an der Strasse, war der Intershop. Ich liebte diesen Laden. Nur von aussen schon. Er versprach im Inneren seines Leibes, die ganze bunte, heile, süße und fassungslose Konsumwelt, mit der sie im Fernsehen immer die Mainzelmännchen unterbrachen. Leider aber hatten die Eltern keine dieser Forumschecks, die man brauchte um dieser Welt auch fröhnen zu können. Von Westgeld ganz zu schweigen. Wir hatten keinerlei Verwandte im Westen und somit war es fast unmöglich an die Knete zu kommen, wenn man keine völlig überzogenen Tauschkurse zu zahlen bereit war. Waren die Eltern nie. Klar, die sind ja auch nicht blöde. Nur ein Mal, soweit ich mich erinnern kann, gingen die Eltern mit uns in diesen Intershop, um Westgeld auszugeben. In einer Tankstelle in unserer Stadt tankte ein Daimler 200 D Daimler der 123er Baureihe, dessen Fahrer ging bezahlen und lies sein Portemonnaie auf seinem Dach liegen. Dann fuhr er los und die Börse fiel runter. Mein Paps hob sie auf, schaute hinein und entschloss mit seinem Trabbi hinterher zu rasen, um dem Mann die Knete zu bringen. An einer Ampel gelang es ihn einzuholen und ihm das Geld zu übergeben. Der nette Onkel aus dem Westen bedankte sich artig mit 100,- DM Finderlohn. Wieviel wirklich in der Potte steckte, hat mein Vater nie verraten, aber gemessen am Finderlohn muss es einiges gewesen sein. Die Eltern gingen mit uns also in diesen Intershop. Sie kauften sich ein Kaffeeservice aus Porzellan mit Zwiebelmuster. Ich und mein Bruder entschieden uns nach ewigem hin,- und her für Cola ohne Ende und für jede Menge Autokarten, die auf den ostdeutschen Schulhöfen Statussymbole waren. Ich werde diesen Tag nie vergessen. Er hat sich in mein Hirn gebrannt. Diesen Geruch konnte man nirgendwo anders riechen, ausser im Intershop. Mir ist gerade jetzt so, als könnte ich ihn riechen. Nach der Wende kaufte Paps als erstes Auto einen Daimler 200 D der 123er Baureihe. Der nette Onkel aus dem Westen muss ihn beeindruckt haben.

Wenn man dann an Schönefeld vorbei und auf dem Adlergestell angekommen war, hatte man das Ziel seiner Einkaufsreise auch fast schon erreicht. Am Bahnhof Adlershof musste man rechts abbiegen und die erste Kaufhalle auf der linken Seite war das Ziel der Reise. Manchmal fuhren die Eltern auch woanders hin, aber am häufigsten gingen sie dort einkaufen, wenn sie oder wir Dinge wollten, die woanders nicht ohne weiteres zur Verfügung standen. H-Milch z.B. war so ein Mangelprodukt. Diese in den Pyramidenförmigen Tetra-Packs, die damals natürlich ganz anders hießen. Wenn es ein richtig guter Tag war, gab es die sogar in der Schokovariante, die wir alle liebten. Ebenso wie diese habe der Werder-Ketchup in den kleinen Baby-Flaschen dann immer auf Vorrat gekauft, so viel eben, dass es bis zur nächsten Einkaufsreise reichen würde. Aufgrund des Mangels an Tomatenmark wurde der immer mit Apfelmus aufgefüllt, was exorbitant lecker schmeckte. Nur bekam man ihn zu selten, wenn man entfernt von den gut sortierten Versorgungspunkten lebte. Ich glaube, die Eltern kauften immer noch allerhand anderes Zeugs, dass es bei uns nicht immer gab, aber davon hatte ich damals keine Ahnung. Ich war ein Kind und die Dinge, die mir wichtig waren hatten in den immer viel zu kleinen Korb zu landen. So wie eben die Milch, Nudossi und der Ketchup.

Als ich gestern die selbe Strecke gefahren bin, die wir damals immer fuhren, rauschte das alles an mir vorbei. Nur das die Strecke sich um einiges verändert hat, so sehr sogar, dass mit dem Umbau das Vergessen zementiert werden könnte. Aus der kleinen Strasse wurde ein Autobahnzubringer mit dazu gehörigem Autobahnkreuz. Der Intershop ist keiner mehr, aber das Haus steht immer noch und der Flughafen sieht nun auch fast so aus, als wäre er ein richtiger. Zurück fuhren wir dann durch Berlin-West, was natürlich kürzer ist, aber damals eben unmöglich war.

Die Kaufhalle gibt es immer noch. “Kaisers” prangt in großen bunten Lettern am Dachfirst.

Nachtrag: Der Duft des Westens.
Danke, Surphase.

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Bauchgedanke

Keine Frage, man kann in Potsdam sehr gut essen gehen. Ja, das ist mitunter etwas teurer, schmeckt dann im Regelfall aber auch ganz gut. Eigentlich ist alles in der Stadt, was dem Gaumen zur jeglich erdenklichen Bedürfnissbefriedigung dienen könnte. Es fehlt an nichts, wenn man vorher anruft, einen Tisch bestellt und sich dann mit dem Untergang der Sonne auf den Weg zum selbigen macht. So wie es sein sollte eben. Wenn man aber etwas gutes Essen mag ohne sein Haus zu verlassen, wird es schwierig hier in dieser Stadt. Gut, nun könnte man meinen, “gutes Essen” und “ohne sein Haus zu verlassen” passt schonmal so gar nicht zusammen, da das in der Konsequenz ja bedeutet, dass das gute Essen zu einem ins Haus gebracht werden müsste, – sprich: geliefert – und dann ja kein gutes Essen mehr wäre. Ja, dass könnte man, aber da will ich heute mal nicht so sein. So viel Anspruchslosigkeit muss mir heute mal zugestanden werden. Man könnte also eine Pizza von den einschlägig bekannten Pizzaklitschen bestellen. Mag ich aber nicht, denn ich wollte ja “gut essen”, wie schon erwähnt. Man könnte auch Chinesisch bestellen, was aber generell nicht so in meinen Geschmacksbereich fällt, ebenso wie Thai übrigens, was man auch liefern lassen könnte. Da wäre noch der Kambodschaner, der exorbitant gutes Essen macht und auch liefern würde, aber auch das würde meine Geschmacksknospen heute nicht zum explodieren bringen, worauf ich aber genau heute hohen Wert legen möchte. Mein Kopf und mein Bauch wollen Saltimbocca und nichts anderes. Dumm nur, dass es eben keinen Italiener zu geben scheint in dieser schönen Stadt, der auch bereit wäre, mir dieses nach Hause zu bringen. Klar, man könnte eines bestellen, bei Kellermann z.B., könnte dann einen Taxifahrer dort hinschicken und es abholen lassen, aber das wäre ja auch irgendwie dämlich. Vor allem aber wäre es zu teuer. Ich verstehe einfach nicht, woran das wohl liegen könnte. Als ich damals in Berlin wohnte, war in der Rheinstraße ein überdurchschnittlich teures gutes Restorante, was weit und breit das beste Saltimbocca machte und die beste Zabaione noch dazu. Das gab es dann immer nach langen Wochenenden, wenn sich keiner so Recht in der Öffentlichkeit sehen lassen konnte.

Merkwürdig, dass eben so etwas hier nicht geliefert werden will. Entweder gibt es einfach keinen Bedarf, was mich wundern würde, denn es sind ja nun mittlerweile tausende von Leuten hier hergezogen, die schon vor 89 Saltimbocca essen konnten, oder die Potsdamer mögen allgemein kein Essen aus Styroporpackungen. Die sind da wohl etwas anspruchsvoller als die Berliner, die offenbar alles essen, wenn sie dafür nicht rausgehen müssen. Also nur mal so als These jetzt.

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Auf Treu und Glauben

Nach drei Jahren Beisammensein musste sich das Paar für ein paar Monate berufsbedingt auf eine Fernbeziehung einlassen. Was ihn dazu veranlasste, sich mit der netten Mitbewohnerin einzulassen. Das gab Ärger. Am Ende durfte er reumütig zurückkehren. Weitere drei Jahre später stehen sie vor dem Traualtar, der Betrüger und die Betrogene. Das der Pfarrer etwas über die Treue erzählt liegt wohl an seinem Job. Selbst schuld, wenn es einen vor den Traualtar zieht.
Dass sich aber der DJ auf der Hochzeitsfeier erdreistet, nach dem Brautwalzer Andrea Bergs “Du hast mich tausend mal belogen” zu spielen, ist nicht nur ganz ganz schlechter Musikgeschmack, sondern ein Schlag ins Gesicht des Bräutigams.
Dass sich die Verwandtschaft der Braut das Lied am späteren Abend nochmal wünscht, macht mich sprachlos.

Fremdgehen muss keine Heldentat sein. Aber soviel Demütigung ertragen auch nicht.

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Zivilisation als solche hat so verdammt viele Vorteile.

Badewanne, kaltes Bier, eiskalter Vodka, Essen beim – zugegeben miesen – Griechen. Strom ohne Ende, I-Net auch, die verdammt netten Beiträge von Herrn Grau, das auswerten von tausenden Bildern, Filterzigaretten, ja Filterzigaretten, Kommunikatives mit kommunikationsfähigen Menschen und Musik. Ich bin wieder da. Im Eimer wie Sau, also körperlich betrachtet. Um einige Erfahrungen reicher, um einige Kilos Ärmer. Ich glaube, den Rest gibt es erst Morgen. Ich muss ins Bett jetzt. Gute Nacht.

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Einfache Logik

“Das muss mir mal einer erklären. Warum sehe ich jeden Morgen, wenn ich in Dessau losfahre, um in Potsdam auf einer Baustelle zu arbeiten, immer Baufahrzeuge aus Potsdam nach Dessau einfahren, in denen Leute sitzen die dort hinfahren, um dort auf einer Baustelle zu arbeiten. Viele von denen machen das Selbe dann da, was ich hier mache. Verstehen sie das?”
(Ein Maurer aus Dessau)

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Samstagmorgen, 4:00 Uhr, Potsdam

Babelsberg. Ich muss nach Bornstedt. Irgendwie. Denkbar schlechte Vorraussetzungen um den nächtlichen Heimweg in weniger als zwei Stunden hinter sich zu bringen. Aber es muss ja. Erstmal zum Lutherplatz. Da fährt allerhand, zumindest tagsüber. Könnte man Glück haben. Aus dem Liniennetzplan werde ich nicht schlau, wurde ich noch nie. Der für die Nachtverbindungen ist noch verwirrender, als es der für Tags ohnehin schon ist. Nach zwei Minuten gebe ich auf. Da steige ich nicht hinter, das bringt mich nicht nach Hause. Kann sein, dass es daran liegt, dass ich ein, zwei, drei Wodka zu viel hatte aber das tut ja nichts zur Sache. Ich überlege kurz, warum ich eigentlich nicht mit dem Rad gefahren bin. Dann bräuchte ich 20 Minuten und wäre im Bett. Ich schiebe die zuvor getroffene Entscheidung darauf, dass ich auch vorher schon wusste, wie der Abend enden würde und ich dann auch mit dem Fahrrad nicht wirklich gut voran gekommen wäre. Ist auch egal jetzt, muss ja trotzdem. Da kommt ein Bus. Nachtbus Linie irgendwas. Der Plan sagt: Hauptbahnhof, Alter Markt, Platz der Einheit. Das bringt mich wenigstens schonmal auf die andere Seite, über den Kanal. Du bist mein Bus, Baby. Der Fahrer lächelt. Ich weiß nicht genau, wie ich das deuten soll und setze mich hin. Der Bus ist leer, wie er leerer nicht sein könnte. Hinten sitzt ein Mann mit Kappe und schaut verträumt aus dem Fenster. Als ich beim T das Haus verlassen hatte, habe ich einen Mix angemacht, den er frisch fertig hatte. Länge: 01:00.12. Ich setze mir in Kopf, mit spätestens dem letzten Takt dieses Mixes meine Haustür aufzuschliessen, wohlweißlich, dass das ziemlich unrealistisch ist. Der Bus fährt auf die Nuthe-Schnellstraße und dann über den Humboldtring. Was soll der denn der Quatsch? Dann hätte ich auch vorne lang laufen können und wäre schneller gewesen. Am Hauptbahnhof hängen über den Oberleitungen, die die Strassenbahnen mit Strom versorgen zusätzlich noch andere, quer über die Strasse gespannte, Stahlseile. An denen hängen große Lampen. Sie ersetzen hier offenbar die klassischen Strassenlaternen. Davon gibt es keine. Wenn es windig ist, wiegen sich diese Lampen im Wind und die Strassen beginnen dadurch lebendig zu werden. Es ist sehr windig jetzt. Alles fließt irgendwie und bewegt sich. Da kein Auto zu sehen ist, geht dieser Effekt direkt auf die Straße. Sieht irgendwie kuhl aus, finde ich. Hat was von geplanten Lichteffekten. Am Bahnhof warten einige Menschen auf irgendwelche Busse, die sie nach Hause bringen könnten: Macht euch bloß nicht all zu viel Hoffnung, dass das bei euch schneller geht, als bei mir, denke ich. Der Mann mit der Kappe steigt aus dem Bus und ich bleibe nun der einzige Fahrgast. Nach der langen Brücke sehe ich so gut wie keine Seele mehr auf den Straßen. Wie auch: heute war nicht viel los, so weit ich weiß. Platz der Einheit steige ich aus und erblicke auf dem elektronischen – quasi 2.0 – Fahrplan mein gewünschtes Ziel. Nachtbus Linie irgendwas: Kirschallee 29 Minuten. Das dauert mir zu lange, da kann ich schonmal was ablaufen von. Auf der anderen Straßenseite steht ein Taxi. Ich überlege kurz, verwerfe den aufkommenden Gedanken aber sofort wieder. Die 15 Euro gebe ich lieber Morgen aus. Es überrascht und verwundert mich zutiefst, wie wenig hier los ist: gar nichts nämlich. Ich sehe niemanden, so sehr ich mich auch bemühe. Ich laufe die Ebert-Straße runter. Vor dem „Ebert 95“ sitzt der türkische Ladenbesitzer und wartet auf die letzten – oder schon die ersten – Kunden des Tages. Das Rossini leuchtet, als sei da drin ein Staatsbanquet. Es schummelt, denn es hat seit mindestens zwei Stunden geschlossen. Ich glaube, dass ist so eine Berlin-Macke, dass immer alles in vollem Glanze strahlen muss. Wozu eigentlich, frage ich mich. Seitdem ich auf der Ebert bin, ist mir niemand begegnet, der das sehen könnte. Vielleicht haben die das auch extra nur für mich gemacht, denke ich und schiebe en Gedanken wieder fort. Tagsüber ist hier richtig was los. Im Moment aber: Totentanz total. Mir fällt auf, wie dunkel es ist, wenn man Nachts durch das Nauener Tor geht. Irgendwie grußelig. Vor dem Stadthaus sitzt ein einsamer Nachtbusreisender und wartet auf die Linie, mit der ich auch fahren würde. Es dauert aber hier auch noch 19 Minuten. Ich gehe weiter. An der russischen Kolonie wird es kniffelig. Entweder ich folge der Strassenbahnschiene, die um die Kolonie rumfährt und die, wie ich annehme, auch mein Bus fahren wird, oder ich laufe diagonal durch die Alexandrowka, um am Ende wieder auf die Linie zu stoßen. Ich tue es so. Wollte ich schon immer mal sehen, diese schönen alten Holzhäuser im Dunkel. Hinter mir kommen zwei Radfahrer. Sie fahren Mountainbikes der Marke „Penny mag es billig“, haben kein Licht, rauschen an mir vorbei und verschwinden in der Dunkelheit. Es bleiben die letzten Menschen, die ich auf meinem Weg zu sehen bekomme und es ist noch weit. Ich glaube, Potsdam ist das größte Dorf der Welt. Auch dafür liebe ich es ein bisschen. Als ich an der nächsten Strassenbahnhaltestelle ankomme, stelle ich fest, dass der Nachtbus offenbar einen anderen Weg nimmt. Scheiße. Zurücklaufen lohnt nicht, also wohl doch noch über den Campus der Fachhochschule und am Volkspark vorbei. In den Werkstätten der FH brennt schon, oder immer noch Licht. Ich überquere die Straße, um mir das genauer anzusehen. Vor mir aus dem Grünstreifen springt ein Hase und verschwindet Richtung Alexandrowka über den Asphalt. Die Werkstatt hier sieht aus, wie so eine, in der wir damals immer ESP und PA hatten. Es schüttelt mich kurz. Ich gehe weiter. Der Volkspark schläft, so wie der Rest in Bornstedt auch. Hier gibt es nichts zu sehen und nichts zu entdecken um diese Zeit, der Weg wird zäh. Irgendwo hinter dem Volkspark geht die Sonne auf und mich überkommt dieses Gefühl, was mich immer auf Festivals ereilt, wenn die Sonne aufgeht. Der neue ag könnte Großes bringen, denke ich. Ich laufe etwas schneller und stecke den Schlüssel zu den letzten Takten des Mixtapes in die Tür. Der Track ist von uns und passt bestens in diesen Morgen. Ich setze mich in die Küche, sehe, dass der Himmel immer heller wird, trinke ein letztes Bier, rauche eine letzte Zigarette.

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Fusion Festival 2007 Review

Wenn man älter wird, braucht man schonmal etwas länger, um sich zu regenerieren. Glücklicherweise aber weiß ich das schon länger und habe deshalb einen Tag Urlaub rangehängt, denn ich aber auch nötig hatte nach diesem Wochenende.

Wir sind am Donnerstag gegen 18:30 Uhr angekommen und mussten dann erstmal 2,5 Stunden vor der Tür warten, da der Andrang doch ziemlich groß war. Netterweise haben wir in der Schlange den Mo getroffen, was die Wartezeit ein wenig verkürzt hatte. Die Warterei war nicht weiter schlimm, da ich mir sowas in Erinnerung an die letzten zwei Jahre schon denken konnte. Aufgrund des stundenlangen Regens allerdings, war die Fahrerei auf dem Gelände schon ein wenig wie ein Abenteuer. Nach unzähligem Festfahren und dem damit verbundenem Rauschiebens hatte man auch endlich einen netten Platz gefunden, aber, nun ja: so ist das nunmal.
Erste Feststellung: irgendwas ist anders in diesem Jahr, wobei ich das nicht mal genauer definieren könnte, es war so ein Gefühl, was sich leider bis Sonntag Morgen festgesetzt hatte. Ich hatte den Eindruck, dass das Puplikum nicht mehr ganz dem entspricht, was ich in Erinnerung hatte. Jede Menge sturztrunkener, junger Menschen, die ihre Tage eher auf dem Zeltplatz, als auf der Tanzfläche zu verbringen wussten. Jede Menge der Leute, leider auch, die man genau dort nicht sehen will, weil das Feiern mit denen eher abtörnend wirkt. Eben diese, die mit ihren sportlich gemachten 4er Golfs auf das Gelände kommen, um dann darüber zu kotzen, dass ihr Auto viel zu tief dafür sei. Aber: es wäre unfair zu behaupten, dass eben diese einen Großteil der Gäste ausgemacht hätten. Im Gegenteil, sie waren deutlich in der Unterzahl, aber doch stärker vertreten, als in den letzten Jahren. Aber auch das ist wohl ganz natürlich wenn so ein Festival an Popularität gewinnt.
Musikalisch betarchtet, war die Fusion in diesem Jahr etwas lahmend, wenn man das so sagen kann. Die Turmbühne fand ich mitunter schlecht beschallt, auch wenn Steve Bug am Donnerstag so ziemlich alles abgeräumt hat, wie ich finde. Sehr geil. Ich hatte mich danach dann in den Schuhkarton verdrückt, im dem es anständig Drum ´n Bass auf die Müte gab. Der Trance-Floor war, wie schon behauptet, definitiv besser besser bestückt, als im letzten Jahr. Bis Samstag Nachmittag durchweg ein Sound, der das Prädikat Psy-Trance auch verdient hat. Die Helltown Chicks aber hatte ich soundmäßig anders in Erinnerung, was mich ein wenig geknickt hatte. Ich hatte mich auf was anderes gefreut. Bis Sonntag Mittag war der Floor dann auch eher solala aber mit Atmos kam es dann doch wieder auf die Schiene Richtung barfuss im Sand, oder so. Da mich am Samstag nicht wirklich kicken konnte, habe ich meine Nacht auf die kleinen Floors verteilt, um Fotos zu machen und mit irgendwelchen Leuten zu reden, die ich schon am Sonntag nicht mehr erkannt hätte. Absolut überrascht haben mich die Otentikk Street Brothers, die trotz Platzregen nicht nur eine fantastische Show zum Besten gegeben haben, sondern auch großartige Tunes. Eines meiner Highlights, nach Kombinat 100, die wieder einmal großartiges Finale am Sonntag auf der Seebühne gespielt haben und all meine negativen Eindrücke weggeblasen haben. Einfach nur superlativ, die Tüpen! Alles in einem habe ich weniger bewusst gehört als ich es eigentlich vorhatte, was zum Einen daran gelegen magen hab, dass ich mich immer nach meinen Kameras gerichtet hatte, zum Anderen daran, dass ich mich in den jeweiligen Momenten woanders einfach wohler gefühlt habe.
Großartig war die Erfahrung, seinem Kind, dass alles zeigen zu können, es begleiteten zu können und die ewig strahlenden Augen zu sehen. Zu sehen, wie es das Neuland oder die Dubstation erkundet, wie es festgeht auf die Gaukler und ihren Feuerzauber und und und. das war das eigentlich Größte in diesem Jahr. Eindeutig. Trotz der ewig dauernden Diskiussion, ob das der richtige Platz für ein Kind sei. Ja, ist er und war er schon immer. Auch dann, wenn für mich, für uns, der eigentliche Flair, der die Fusion ausmacht, erst am Sonntag aufkommen wollte. Aber auch dafür hat sich der Weg und die Energie gelohnt. Wenn ich zeitweise überlegt habe, dass ich im nächsten Jahr nicht fahren werde, werde ich es, glaube ich jetzt, natürlich wieder tun. Keinen Sommer ohne Fusion, auch wenn die Turmbühne dermassen nache Pisse gestunken hat, dass man sich da nicht freiwillig hätte aufhalten wollen. Da sollte man dann doch nochmal über 350 Dixi-Klos mehr nachdenken.

Hier gehts zur Galerie, die meinem Provider schon wieder mal feuchte Füsse macht, wie ich fürchte. Da muss er durch.

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Vertretung gesucht!

Da ich ja nun am Wochenende meinen alljährlichen Ferienkommunismus zelebrieren werden, bräuchte ich mal dringend jemanden, der mich adäquat auf den folgenden Veranstaltungen zu vertreten weiß.
An erster und somit an wichtigster Stelle steht da das Lauter!.. – Festival, wo ich definitiv hingehen würde.

Nicht nur deshalb, weil es sich für eine gute Sache stark macht, sondern auch, weil die auftretenen Bands durchaus meinen Geschmack treffen. Unter anderem mit dabei die 5 Bugs aus Berlin, die Akustik Hip-Hopper von Klartext und die überdurchschnittlich guten Jungs von Smoky Taste Flavour, die ich jedem empfehlen kann, der etwas für so ordentliches Gitarrengeschrammel über hat. Also: hin da. Alle und jeder, der in der Nähe ist!
Den Vorabend würde ich auf der Record-Release Party von Mellow Mark im Potsdamer Waldschloss verbringen, obwohl mir völlig schleierhaft ist, warum die sowas ausgerechnet im Waldschloss machen. Ich muss das aber nicht verstehen und man kommt sicher dennoch auf seine Kosten. Um das Abrunden des Wochenendes nach dem Lauter!.. – Festival zu gewährleisten, würde ich dann am Samstag Abend ins Velodrom zu Daft Punk gehen, die ich unheimlich gerne live sehen würde, was ja nun nicht geht. Aber soooo traurig bin ich dann auch nicht. Alles in einem also auch für die Daheimgebliebenen ein rundes Wochenende, wenn man den will.

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Grübelei

Als ich heute Nacht diesen wunderbaren Film sah, kam mir der Gedanke, wie es wohl wäre, wenn irgendwer, der mich aus früheren Jahren kennt und mich aus dem Auge verloren hat, sich auf die Suche nach mir begibt, auch wenn er nichts weiter wüsste, als nur meinen Namen und dass ich mal in Berlin gewohnt habe. Das könnte man auch gegen jede andere beliebige Person, in jeder anderen beliebigen Stadt austauschen. Der Suchende, also, würde sich in die große Stadt begeben und ohne weitere Anhaltspunkte versuchen einen zu finden. Es gibt ja doch einige, die man im Laufe der Jahre dort kennengelernt hat und denen der eigene Name irgendwie ein Begriff sein müsste. Bei Ämtern nachzufragen finde ich in dem Kontext unromantisch. Bei Banken auch. Man müsste sich durchfragen, einfach locker drauf los. Jeden ansprechen, ob der denn schonmal von einem … gehört hat. Es könnte ja sein, dass man direkt auf jemanden trifft, der mal neben einem gewohnt hat, einen alten Kollegen oder jemanden, der mit einem zusammen die Berufsschule besucht hat, und Bingo: Suche erfolgreich beendet. Diese Wahrscheinlichkeit allerdings ist wohl schwindend gering und liese sich sicher sogar berechnen, wozu mir aber die nötigen Fähigkeiten fehlen. Wie lange würde es wohl dauern, bis man sich erfolgreich durchgefragt hätte und denjenigen findet, den man sucht.
Ein Jahr? Drei? Oder wäre es gänzlich unmöglich auf diese Weise Menschen zu finden, die man sucht? Man könnte das ja auch selber mal versuchen. Vielleicht gäbe es für den ein oder anderen, Menschen, die einem mal über den Weg gelaufen sind und deren Spuren man nicht folgen konnte, aber es gerne getan hätte.

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Das Auge kauft mit.

www.kraftfuttermischwerk.de/blog/das_dicke_grinsen.jpg

Irgendwer wird ja auch die Platten kaufen bzw gekauft haben, deren Covers nahezu abscheulich gestaltet sind. Ich hatte das schonmal. Die Leute von Zeit online müssen sich danach wohl gedacht haben, oh ja, das ist eine gute Idee, da machen wir jetzt auch mal was drüber. Und schon gibt es bei denen “Rock Around The Bekloppt – Eine schonungslose Bildergalerie”, die echte Prachtexemplare der Kategorie diese-Platte-kann-man-gar-nicht-kaufen-
ohne-sich-als-völlig-geschmacklos-zu-outen
. So wie jenes hier:
(Bild: ZEIT online)

Man hört den netten, grauen Mann förmlich flüstern: “Wenn der Dicke nicht so bekloppt grinsen würde, dann wären wir eine richtig geile…, ach was: wenn der bekloppte Dicken einfach nicht zum Shooting gekommen wäre. Verdammt, warum habe ich ihm nicht eine andere Zeit gesagt. Den schmeiß ich heute noch raus!”

(via)

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