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788 Suchergebnisse für "muss los"

A Boards of Canada-Mix by Skywave Systems

Hui, das macht mich ja nervös. Volle Kelle Boards of Canada, gemischt von Skywave Systems. Eigentlich muss man da so viel nicht zu sagen. Guten Flug, würde mir jetzt spontan einfallen, ich flieg schon mal los. (Direktdownload)

Tracklist:

01 The Story of Xentrix / KPVQ / excerpt from Peel Session / Blockbusters / Devil
02 Smokes Quantity / ‘Bye Bye’ Sesame Street (sample) / Light, Clear, Hair
03 Seeya Later
04 Happy Cycling / Telephasic Workshop (sample)
05 Meat Beat Manifesto – Prime Audio Soup (Vegetarian Soup by Boards of Canada)
06 Indeep – Last Night A DJ Saved My Life (loop) / Nlogax / QPFX
07 Chromakey Dreamcoat
08 Dandelion
09 ‘O For Orange’ Sesame Street (sample) / Aquarius (Version 3 – Peel Session) / Ren Woods – Aquarius (loop)
10 Everything You Do Is A Balloon
11 Dayvan Cowboy (Odd Nosdam remix)
12 Amo Bishop Roden / You Could Feel The Sky (loop)
13 A Is To B As B Is To C / 1969
14 Niagara / excerpt from Peel Session
15 Iraq Says
16 One Very Important Thought (Boc Maxima version)
17 unknown (live at Camber)

(via deepgoa)

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Komode mit leuchtendem Vollmond

Ich will diesen Schrank von Sotirios Papadopoulos, auf dem in der Nacht der Vollmond leuchtet. Für auch von innen Mondlicht in der Bude. Wunderschön. Auch wenn der Tagsüber etwas Monochrom aussieht. In der Nacht aber macht der alles wett.

Dummerweise gibt es davon nur genau 24 Stück und preislich liegen die wohl eher auch nicht ganz in meiner Region. Ich will trotzdem diesen Schrank haben. Ich muss!

(via BB)

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“Sie nennen es nicht Arbeit” – Netaudio in der Jungle World und mein Interview dazu

Vor drei Wochen habe ich Thomas Ewald von der Jungle World ein Interview zum Thema Netaudio gegeben. Heute ging der dazugehörige Artikel, der letzte Woche schon als Print zu haben war, online.

Es gibt rund tausend Netlabels, die die Musik ihrer Künstler nicht mehr als Ware vertreiben wollen, sondern im Internet verschenken. Für viele Elektro-Bastler erscheint das als Weg, ihre Kreativität auszuleben, andere nutzen das Netz als Karriereforum.

Ich packe mal das Interview als ungekürzte Fassung hier mit rein. Schreibfehler inklusive.

Ist es nicht so, dass viele Künstler diese Art des Vertriebs nur nutzen, um ihren Bekanntheitsgrad zu steigern und dann Geld für ihre Wekre zu verlangen? Gerade im Hinblick auf die Entscheidung von Thinner im letzten Jahr, auch Paidcontent anbieten zu wollen.
Ich hatte da mal was drüber geschrieben, solltest Du vielleicht lesen:

Nein. Ich denke, dass viele der Künstler, die damals unter CC-Bedingungen debütiert haben, nicht daran dachten, mit ihrer Musik mal Geld verdienen zu können. Es ging wahrscheinlich primär darum, seine Musik einer Hörerschaft zugänglich zu machen, die nicht an klassische Vertriebswege gebunden war. Viele vergessen immer noch, dass gerade diese Netaudio-Geschichte keinerlei Grenzen kennt. Jeder, und zwar wirklich jeder, der über einen Internetzugang verfügt, kann immer und überall auf der Welt Musik hören, die er mag und die er nicht in einem Laden kaufen muss. Das ist manchen hier in Europa nicht ganz so bewusst, aber in Südamerika gibt es definitiv weniger Plattenläden als hier. Diese Beschränkung wurde durch Netlabels völlig aufgebrochen. Zumal es zu dieser Zeit kaum Onlinestores für MP3s gab, wie es heute selbstverständlich ist.

Allerdings kann man ganz klar sehen, dass viele Künstler, die mit CC-Musik begonnen haben, heute primär auf Verkauf setzen. Auch weil sie es können, weil es eine Nachfrage gibt, die das Zahlen dafür mit sich bringt. Beispiele dafür sind aus der “ersten Netaudio-Generation” Marko Fürstenberg, Kollektiv Turmstraße und Daniel Stefanik, die heute gänzlich auf Verkauf setzen. Ich hatte da anfänglich Probleme mit, habe das aber zu akzeptieren gelernt. Es wird sicher noch einige Musiker mehr geben, die diesen Weg gehen werden, andere sind schon dabei.

Ich war der Entscheidung von Thinner gegenüber sehr kritisch und habe auch mit Sebastian Rendenz darüber diskutiert – ich wollte das nicht, sehe das heute allerdings etwas objektiver. Ich habe mein Dogma abgebaut.

Man muss eben sehen, das gerade Thinner unheimlich gute Arbeit geleistet und diverse Künstler gefeautert hat, die dann auch international sehr erfolgreich waren. Fürstenberg, Pheek, Jeff Benett, Move D, Eloi Brunelle haben alle auf Thinner released und wirklich dicke Downloadzahlen mit sich gebracht. Dieser Fame hat dann auch dazu beigetragen, dass Leute ihre späteren Platten gekauft haben. Weil man eben diese Namen mit guter Musik in Verbindung brachte. Das hat einigen Künstlern durchaus Nutzen gebracht. Thinner allerdings hatte da nie wirklich was von. Klar, den Fame, aber der macht eben nicht satt und bezahlt keine Rechnungen. Zumal die Arbeit, die Thinner da machte, weitaus professioneller war/ist, als ich das von klassischen Labels kenne. Die arbeiten wirklich sehr hart und ich denke, dass soll sich dann auch mal finanziell auszahlen.

Seht ihr es als einen politischen Akt, die Musik frei zur Verfügung zu stellen? Oder ist es eher die Lust an der Aktivität?

Sowohl als auch. Als wir uns damals darum bemühten, auf einem Netlabel veröffentlichen zu können, taten wir das primär deshalb, weil wir keine Lust mehr darauf hatten, uns um einen klassischen “Deal” zu bemühen. Labels die physich veröffentlichten hatten in der Regel kein Interesse daran, Experimente einzugehen. Der Mut zum Risiko war gleich Null. Sie brachten ewig die selben Platten im selben Stil, die sich natürlich recht gut verkaufen ließen. Wir fanden dort mit unserem Sound leider keinen Platz.

Viele dieser Labels gibt es mittlerweile nicht mehr, aber das nur am Rande.

Als wir dann auf Thinner “Eingang nach Draußen” bringen konnten, wurde natürlich auch etwas Politisches daraus, sich dem kommerziellen Musikvertrieb zu verweigern. Weil wir es dann konnten. Auch ein wenig mit Mittelfinger-Attitüde, klar.

Dazu kommt auch, dass wir uns bis heute stilistisch nie wirklich festigen wollten. Klar, wir machen elektronische Musik, allerdings da dann fast das komplette Spektrum von ganz ruhigem Ambient bis hin zu Drum `n`Bass. Das geht sicher auch auf einem klassischen Label, aber erst dann, wenn man sich bereits einen Namen gemacht hat oder man unter verschiedenen Pseudonymen veröffentlicht. Das wollten wir nie und hatten bei den Netlabels immer freie Hand, was wir wie rausgeben wollten.


Würdet ihr sagen, dass es Qualitätsunterschiede gibt zwischen Künstlern, die scih dank ihrer Gage ein Monsterstudio zimmern können, oder ist es das Equipment völlig ausreichend?

Ganz klar: Nein. Es macht keinerlei Unterschiede in der Qualität, am Ende zählt nur das, was am Ende als Produkt rauskommt. Ob das gefällt entscheiden einzig die Hörer. Viele von denen scheren sich weniger um Soundqualität, sondern hören eher auf die Musik, die durch etwas mindere Qualität durchaus an Charme gewinnen kann. Natürlich kann man so dermassen fett klingende Produktionen wie eine Band wie bspw. Rammstein sie macht, nicht in der Küche aufnehmen. Das gilt generell für große Bandproduktionen, ansonsten sehe ich da keine Grenzen.

Ist es möglich auch Musikgenres in Form von Netaudio zu machen, die akustisch ist. Das heißt bei einer Band, die mit Instrumenten spielt, muss mehr Platz und Technik für Aufnahmen da sein. Das kostet doch mehr als ein Wohnzimmer Studio aus Laptop?

Ja. Das beste Beispiel dafür ist Julia mit Entertainment For The Braindead, die ja gänzlich auf Akustik setzt und damit extrem erfolgreich zu sein scheint.

Klar kostet das mehr und man kommt sicher auch schnell an die Grenzen seiner Möglichkeiten. Dennoch gibt es Bands die das ja in die Reihe bekommen. Allerdings sehe ich den Stand einer Band mit bspw. 5-7 Mitglieder im Netaudio-Bereich auch etwas ambivalent. Die Organisation einer Bandaufnahme ist m.E. noch mal eine andere Kiste. Allerdings ist auch das möglich.

Außerdem denke ich, dass viele Bands einfach noch der klassischen Idee von “Rock n Roll” anhängen und dazu gehört nun mal eine Platte, denken sich diese wahrscheinlich.

Was haltet Ihr von Micropayment oder auch Spenden? Wäre das ein Weg, den Ihr eines Tages auch gehen würdet?
Nichts. Es gab ja seit Jahren auf der Thinner-Website neben jedem Release dieses “pay what you want”-Button, das jeder hätte nutzen können. Ich weiß nicht, wie das bei anderen Künstlern ist, aber wir haben trotz mittlerweile sechsstelligen Downloadraten damit gerade mal 75,00€ eingenommen. Die Menschen sind nicht wirklich bereit auf diesem Weg Geld für Musik zu geben.

Dazu kommt, dass wir nicht ausschließlich unter CC-Lizenz veröffentlichen. Wir verkaufen mittlerweile auch auf klassischem Wege Platten und CDs. Allerdings werden wir beides auch zukünftig so weitermachen.

Trotzdessen gibt es bei uns Projektintern immer wieder Debatten darüber, wie wir das zukünftig handhaben werden. Ich vertrete immer noch die Meinung, dass CC perspektivisch der bessere Weg ist, Inge sieht das anders. Allerdings helfen derlei Diskussionen auch, das ganze am Leben zu halten und sich verschiedene Türen offen zu halten.

Wie viele Künstler gibt es eurer Einschätzung nach, die von ihrer Aktivität leben können? Und tut es der Musik eigentlich gut, dass ihr Macher eben nicht nur mit Ihr beschäftigt ist, sondern durch andere Tätigkeiten mit denen er seinen Lebensunterhalt bestreitet, freier und inspririerten arbeiten kann?
Im Netaudio-Bereich gibt es sicher niemanden, der von seinem kreativen Output leben kann – zumindest kenne ich keinen. Unabhängig davon allerdings können das ja auch nur wenige, die auf klassische Vertriebswege setzen. Das sind sicher Minderheiten, die davon leben können. Deshalb müssen einfach viele nebenher ihren Lebensunterhalt verdienen, was grundsätzlich ja auch nichts Schlechtes sein muss. Es verschafft einem auch eine gewissen Unabhängig im Umgang mit seiner Musik. Beispiel dafür: wenn wir mal eine Platte machen würden, die sich exorbitant gut verkaufen würde, wäre sicher die Gefahr groß, die nächste dann ähnlich zu machen. Man macht sich da dann etwas abhängig von Verkaufszahlen. Auch weil man es muss, schließlich brauch man die Pinunsen zum Leben.

Und klar ist es gut sich davon nicht leiten lassen zu müssen. Kreativ hat man dann auch die Möglichkeit Experimente zu machen, die auch gerne mal nach hinten losgehen können. Kostet ja nichts.

Ich sage immer: “Um Geld zu verdienen gehe ich arbeiten. Dafür möchte ich keine Musik machen müssen.” Zumal man ja auch einfach musikalisch mal pausiert, was dann schon wieder schwieriger wäre. Das können sich im Pop-Sektor auch nur jene leisten, die immer noch in großen Mengen Tonträger verkaufen. Alle anderen müssen immer sehen, dass sie mit dem Arsch an die Heizung kommen. Das bedeutet dann eben auch mal einen Gig im Einkaufscenter oder auf den schlimmsten Stadtfesten. Da will ich nicht hin.

Was haltet Ihr von Merchandise, um die fehlenden Einnahmen reinzubekommen.
Ist auf jeden Fall eine Möglichkeit, aber nicht für uns. Dafür fehlt uns die Zeit und irgendwie auch die Motivation. Wir machen das ja nicht um Einnahmen zu generieren, sondern um die Musik irgendwie nach da draußen zu spülen. Wie gesagt: für Einnahmen gehen wir arbeiten.

Was ist die Zukunft von Netmusik? Wird das Publikum nicht irgendwann an der Masse der Künstler und Labels ersticken?
Nein, wird sie nicht. Ich sehe da keinerlei Unterschiede zum klassischen Markt. Ich meine, wenn ich einen Plattenladen gehe, steht auch zu 80% Musik für die ich mich nicht begeistern kann. Gute Musik muss man suchen, man muss sich diese Mühe machen und dass musste man schon immer. Manchmal hatte man Glück, dass jemand anderes etwas Gutes gefunden hatte. Daran hat sich bis heute auch im Netaudio-Bereich nicht viel geändert. Es gibt immer wieder diese Perlen, die gepflückt werden wollen. Man muss sie nur suchen.

Ansonsten bin ich selber gespannt, wo genau das mit der Netmusik hingehen wird. Es gibt immer wieder Künstler, die aus dieser Ecke kommen und dann auf Vinyl veröffentlichen. Andere lehnen das partout ab, wie Planet Beolex, der trotzdem grandiose Musik produziert. Beide Varianten werden bleiben. Auch die Koppelung zum Paid-Content wird sicher häufiger vorkommen.

Wo genau wir uns da sehen, wissen wir im Moment selber nicht so ganz genau. Eigentlich wollen wir immer alles irgendwie.

Und als letzte Frage: Was ist mit Vinyl-Veröffentlichungen, haben diese mehr Charme, als die immaterielen Datenbündel?

Hatte ich mal was zu geschrieben, solltest Du vielleicht lesen.

Pfff. Da bin ich echt leidenschaftslos. Ich habe mir Musik immer zugelegt um sie zu hören. Und nur um sie zu hören, nicht um mir ein Cover anzusehen, oder ein Booklet durch zu blättern. Dazu kommt, dass die heute verbreitetste Weise Musik zu hören, der MP3-Player ist. Da sind so Datenbündel schon extrem praktisch. Man muss da nichts mehr aufnehmen, importieren, taggen. Kopieren – fertig. Finde ich super.

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Dubtales – Eine Nacht in Dub-Techno, 18.09.2009, RAW.Tempel Berlin

So. Ich packe das jetzt hier rein und lasse das bis nächsten Samstag ganz oben. Auch weil es mir wichtig ist. Auch weil ich das Line-Up gebastelt habe. Auch weil ich will, das Ihr alle dahin kommt. ;)

Irgendwelche Presse-Texte spare ich mir, Irgendwelche Lobhudeleien ebenso. Der Sound dieser Nacht sollte für sich selber sprechen, here it is:

Deejay-Sets:
Marko Fürstenberg (a.r.t.less, ornaments, Leipzig) [exclusive DJ-Set]
Renè Löwe (Chain Reaction, Berlin)
Das Kraftfuttermischwerk (thinner, tfe-records, Potsdam)
Mo Greens (Visual Berlin)
José (Visual Berlin)
Flo Kasten


Live:

Havantepe (sublime porte, Baum, Istanbul)
Peak (a quiet bump, Irpinia, Italy)
P.Laoss (somniasound, Schwerin)
Das Kraftfuttermischwerk (thinner, tfe-records, Potsdam)

Los geht es auf einem Indoor- und einem Outdoor-Floor um 21:00 Uhr. Außerdem wird es schon am Nachmittag ein VJ-Barcamp geben, welches durch Visualberlin gehostet wird, wo es alle nötigen Infos dazu gibt.

Warum das Ganze? Ganz einfach: es ist alltogethernow und es sind BerMuDa. Und ich wollte diese Mischung von Musikern schon immer mal in der Hauptstadt haben. Diese Gründe müssen reichen. Außerdem teile ich gerne mit, dass dieser Abend durchaus als Vorgeschmack auf das diesjährige Netaudio-Festival verstanden werden darf, die uns nicht nur den Raum und jede Menge Support zu Verfügung gestellt haben.

Weil ich so, öhm… herzensgut bin, haue ich 4×2 Gästelistenplätze raus. Mail, oder Kommentar reichen dazu aus.
Die G-Listenplätze sind weg.

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Ich weiß noch genau, wie ich damals zum ersten Mal diesen Film sah. Ich war wie elektrisiert, ich musste um jeden Preis so ein Fahrrad haben. Nur: die gab es nicht mal annähernd so ähnlich im Handel, also musste man das tun, was man so oft im Osten tat, was dort zum Leben gehörte und heute DIY genannt wird: Man baute sich selber so einen “heißen Reifen”, wie wir es nannten, wir hatten ja nüscht.

Grundsätzlich war das auch nicht sonderlich kompliziert. Ich hatte so ein 24″ Klapprad, das ich nicht mehr mochte, auch weil es so total unkuhl aussah – jede Mutti fuhr damit morgens zur Arbeit, aber wenigstens die Größe von dem Teil sah den Rädern irgendwie ähnlich, wie diese Kids in diesem Ami-Film, der ein solcher gar nicht war, sie fuhren.

Man musste nur eine Querstange in den Lenker schweißen lassen, auch eine in den Rahmen, denn BMX ohne Stange ging ja wohl mal gar nicht. Außerdem musste man die Räder, die viel zu dünn waren, gegen jene der Fahrradanhänger tauschen, die um einiges massiver, allerdings auch um einiges schwerer waren. Außerdem brauchte man diese Puffer um die neu eingeschweißte Lenkerquer- und Rahmenstange. Dann noch anständig grelle Farbe rauf und fertig war mein Traum von einem BMX-Rad.

Ein Schweißgerät hatte damals irgendwie jeder in der Gartensiedlung. Jeder, außer der Vater – der war Soldat. Aber der Nachbar besorgte irgendwelche Heizröhren aus Stahl, was einem dynamischen Gesamtgewicht eher abträglich war, wie sich später raus stellen sollte. Diese brezelte eher dann in eher unfachlicher Manier in diesen Klapprahmen. Ohne das Klapp-Gelenk zu fixen. Das mal nur am Rande. Aber das war egal, das Rad, mein Rad sah ein Kracher aus und brauchte nur noch eine grelle Farbe, die Achtziger gab es schließlich auch bei uns. Ich entschied mich für “Zitronen-Gelb”. Schockerfarbe.

Weil wir allerdings noch einen ganzen Zacken schärfer sein wollten, als diese Kids im TV, versuchte ich noch einen draufzulegen. Irgendwie musste man den Umstand, dass man “nur” ein DIY-Bike fuhr, auch kompensieren. Ich baute in diese Huddel eine 28″er Gabel ein. Das machte zwischen Rad und dem ordentlich gekürztem Schutzblech locker 15cm Spiel und sah verdammt nach Enduro aus. Das hatte keiner. Noch nicht. Irgendwann fuhren sie das dann allerdings alle so.

Die Mutter nähte dann aus feinstem roten Kunstleder diese Puffer um die Stangen, die eigens mit Schaumgummi aus Matrazen ausgestopft wurden, ich malte das Ding zitronen-gelb an und hatte das fetteste BMX-Rad der Stadt Siedlung.

Zumindest so lange bis ich über einen 3-Meter-Hügel zu springen versuchte, kein halbes Jahr später. Wir erinnern uns, dass der Tüp, das Klapp-Gelenk nicht verschweißt hatte? Klar was jetzt kommt; Als ich da irgendwo in der Luft hing, der Wind in meinen Haaren und so, löste sich dieses kleine, primitive, bekackte Gelenk und klappte auf. Ich konnte regelrecht dabei zusehen. Auch dabei, wie sich danach die vordere Schweißnaht vom Rahmen verabschiedete. Dumm nur, dass ich zu diesem Zeitpunkt den Boden noch nicht erreicht hatte. Krach, bumms, aus – Fresse kaputt. So war das. Ich verfluchte alle, die an diesem Rad rumgefuhrwerkt hatten incl. meiner selbst, da ich offenbar vergessen hatte, dieses Gelenk fest genug zu schließen.

Warum ich das schreibe? Als ich heute dieses wunderbare Klapprad sah, dachte ich im ersten Moment daran, dass mir so etwas damit nicht passiert wäre. Das Dumme daran: scheint auch so ein DIY-Dingen zu sein. Aber hey: wir hatten ja schließlich nüscht, damals.


(Direktlink, via Core77)

Ein Kommentar

Ich bin immer ganz kurz davor auszuholen und zuzuschlagen, wenn ich erleben muss, wie Erwachsene Kinder schlagen. Ich tue es nur deshalb nicht, weil es den dann betroffenen Kindern das Gefühl vermitteln könnte, dass es doch irgendwie okay ist, Gewalt als Mittel anzuwenden, wenn der Grund dafür nur trifftig genug ist.

Ich werde einfach nie verstehen, wie sich Erwachsene auf so eine tiefst unmenschliche Ebene begeben können, um damit vermitteln zu wollen, dass man “Dinge nicht tut”. Emotional verkrüppelt müssen jene sein – wenn auch nicht immer dumm. Ich begegne ihnen mit einer Mischung aus Verachtung und Abscheu. Und ich würde sie diese Abscheu gerne spüren lassen – damit sie wissen, wie das ist, damit sie wissen, dass man genau so etwas “nicht tut”. Dabei müssten sie dann wehrlos sein, so wehrlos wie die Kinder, denen sie mit Gewalt begegnen. Und selbst wenn sie nicht wehrlos sein sollten, würden sie den Schmerz spüren müssen. Aushalten.

Ich schreibe das, weil ich gerade von einem Kindergeburtstag komme, auf dem das feiernde Kind geschlagen wurde. Von ihrer Tante. Ich schreibe “geschlagen”, weil auch der viel zu häufig bemühte “Klaps auf den Po” und die “Ohrfeige” in ihren Begrifflichkeiten die eigentliche Tatsache verniedlichen, dass dem Kind offene körperliche Gewalt entgegen gebracht wird. Und es fange bitte keiner mit “hat mir auch nicht geschadet”. Als Gast auf dieser Feier und als Fremder in der Öffentlichkeit macht mich so etwas betroffen, es schockiert mich. Als Vater würde ich, zumindest verbal, völlig ausrasten! Egal welche scheinheiligen Gründe mir für das Tun des und vom Schlagenden vorgetragen werden, um die Verantwortung dafür auf das Kind zu übertragen, dass die Gewalt spüren muss.

Kinder mit Gewalt jeglicher Art züchtigen zu wollen ist ein absolutes No-Go! Dafür würde ich dann auch gerne austeilen. Mit Fäusten. Wenn das dann meinem eigenem Anspruch in genau dieser Situation nicht so widersprüchlich entgegenstehen würde, würde ich es tun. Für genau jene Kinder und wenn ihnen das doch nur helfen würde.

Diese emotional verkorksten Wichser und Fotzen.

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Die Stiche in der Magengegend bleiben

Damals sagte jemand zu mir, „Es wird erträglich sein, wenn du nicht mehr täglich an ihn denkst.“ Heute ist es erträglich, es ist okay, es gehört zum Leben.

Ich hatte ihn noch so vieles fragen wollen, fragen müssen. Wie das war mit den Grenztruppen, wie er es da 19 Jahre seines Lebens ausgehalten hat, wie es war mit seiner ersten Ausbildung zum Bäcker, warum er nie wieder selber Brot gebacken hat, geschweige denn Kuchen. Wie genau er den Teig für seine „Strindjbørg-Schnitzel“ macht, die ich immer geliebt habe. Wie ich am besten fahren muss, wenn ich auch nur irgendwo in Deutschland hinreisen will. Wie man was am besten mit welchen Pflanzen, welchen Böden, welchen Bäumen im Garten machen muss, damit sie noch schöner aussehen und noch mehr Ertrag bringen. Wie das Zeug hieß, mit dem er damals immer die Blattläuse von seinen geliebten Pflanzen vertrieb. Und die Ameisen. Was für ein Öl welchen Motor am besten schmiert. Wo ich hingehen muss, wenn das Auto mal wieder kaputt ist. Wie die damals hießen, die wir damals irgendwo getroffen haben. Ob er wirklich mal eine Affäre hatte, wie immer viele, die ihn und seinen bei den Frauen durchschlagenden Charme gekannt haben. Und, dass wäre wohl die Finale Frage gewesen, wie es ihm ergangen ist nach der Wende. Aus der Uniform und den Sitz eines Krankentransporters. „Wie war das?“ hätte ich gefragt, „Was denkst Du darüber?“ Ich werde keine dieser Fragen mehr stellen können. Ich komme zu spät, er ging zu früh.

Ich hätte ihm gerne noch so viel zeigen wollen. Die Atlantik-Küste hätte ihm sehr gefallen, Skandinavien auch. Da wollte er immer hin. Zwei Tage bevor es vorbei war, fragte er unter schwerster Anstrengung, wer mit ihm zu Ostern zum Nordkapp fährt. Das wollte er gesehen haben, bevor sterben sollte. Ich hätte ihm gerne das mit dem Internetz gezeigt. Diese ganzen tollen Sachen, von denen auch ihm ganz sicher einiges gefallen hätte. Er mochte dieses neuartige Zeug nicht, es entsprach nicht seiner Vorstellung von Kommunikation, aber ich war sicher, dass ich ihm das irgendwann mal nahe bringen könnte. „Wirst schon noch sehen“, sagte ich immer. Ich hätte ihm gerne gezeigt, dass der Beruf, den ich gegen seinen Willen in einer zweiten Ausbildung lernte, so wichtig sein kann und notwendig. Hätte ihn gerne bei meiner Hochzeit dabei gehabt. Hätte ihm gerne irgendwann die Zeugnisse seiner Enkeltochter gezeigt, die er nahezu vergöttert hat. Das die Pfirsiche in unserem Garten mindestens genauso groß sind, wie er sie in seinem immer haben wollte und es nie geschafft hat. Und das meine Tomaten viel größer sind als seine damals. Vor allem aber hätte ich ihm so gerne seine zweite Enkeltochter gezeigt, die 10 Monate nach seinem Tod geboren wurde und in die er mindestens genauso vernarrt gewesen wäre, wie in die erste. Einige so aus der Eso-Ecke meinten damals, „Für jeden Mensch der geht, kommt ein neuer.“ Ich weiß bis heute nicht, ob das auch familienintern Geltung haben soll, oder ob da gar vielleicht wirklich was dran ist. So magisch. So tragisch wie auch wunderschön; neues Leben schenken. Er war der vielleicht beste Opa der Welt. Sie wird ihn nicht mehr kennen lernen. Zu spät, er ging zu früh.

Meine Mam, die Frau, die er so liebte, die Frau, für die er die letzten Jahre seines Lebens die beste Krankenschwester war, die man sich nur wünschen konnte, ist daran zerbrochen, auch wenn sie das so nie sagen würde. Ich weiß es, ich sehe es in ihren Augen. Er pflegte sie bis zur absoluten Erschöpfung. Er wollte, dass sie in Würde krank sein konnte. Sie konnte. Das alles wegzustecken fiel ihm nicht leicht. Er trank. Nicht maßlos, aber mehr als gut war für seine von der Hepatitis geschundene Leber. Die Medikamente taten ihr übriges dazu. Er dachte, das wäre okay, fragte extra den Arzt. Auch der meinte, es sei okay. Es war nicht okay – es war zuviel. Vielleicht hätte alles anders laufen können, wenn die Krankenschwester ihn nicht in die Blutvergiftung gespritzt hätte. Vielleicht auch nicht. Außer mir will keiner die Krankenakten einsehen. „Es ändert nichts mehr“, sagen sie und sie haben wohl recht.

Seit dem Tag seiner Beerdigung war ich nicht mehr an seinem Grab. Er hat keines. Er liegt in einem Wald unter einem Baum. Nummer 79. So hatte er es gewollt. Könnte sein, dass ich da nie wieder hingehen werde, ich ertrage es nicht. Wenn mich jemand fragen würde, was der bisher schlimmste Tag in meinem Leben war, würde ich nicht sagen, der seines Todes. Der bisher schlimmste Tag in meinem Leben war der Tag seiner Beerdigung. Es ist nicht die letzte, der ich beiwohnen werde.

Ich habe seinen Tod irgendwie „weggesteckt“, wie man so sagt. Rationell ist das machbar, emotional allerdings weitaus schwieriger, wie ich gerade wieder feststelle. Ich denke nicht mehr täglich an ihn, auch weil es okay ist wie es ist, es gehört zum Leben. Manchmal aber, wenn man an Orte fährt, die man mit ihm gemeinsam besucht hat, wenn man Musik hört, von der man weiß, dass er sie mochte, wenn man isst, was ihm schmeckte, wenn man in seinem geliebten T4-Bulli durch Europa gurkt und immer wenn man auf´s Meer sieht, tauchen diese kleinen schmerzhaften Stiche in der Magengegend auf und machen mich nachdenklich.

Heute wäre er 57 Jahre alt geworden, er hat nicht mal die 55 geschafft. Und ich wünsche mir, er könnte das hier lesen. Er kann es nicht. Ich weiß.

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Bitte sage mir einer, dass das Blog von Dr. Ulrich Noetlinger, CDU ein Fake ist. Ich meine, die tägliche Dosis an Brechmittel in Form verbaler Tiefschläge ist man von denen ja gewöhnt, aber das hier… das reicht für mindestes die ganze Woche. Hier mal eine kurze Kotzstprobe:

Gestern fand ich eine Internetseite für Arbeitslose. Ich persönlich würde ja viel eher sagen „Arbeitsscheue“, aber das ist etwas das jedem selbst überlassen bleibt. Die Frage stellt sich für mich immer noch, woher haben diese armen, armen Arbeitlosen das Geld für einen Computer und Internet? Natürlich, es gibt ja auch billige Rechner – so ab 1000 Euro – aber für jemanden der angeblich nichts hat, sollte auch dies viel sein, oder? Nun, immerhin, jetzt weiss ich wofür meine Steuergroschen verschwendet werden. Man sollte im Gegenzug eigentlich auch erwarten dürfen das diese Arbeitslosen zu einem Gegendienst an der Gesellschaft herangezogen werden. Sie bekommen etwas, also sollten sie auch etwas dafür tun.

Als ich gestern mit meinem neuen Wagen ein wenig herumfuhr, habe ich mich einfach einmal etwas bewusster umgesehen und mir überlegt wie man Arbeitlose sinnvoll einsetzen kann. Es liegt viel Dreck auf der Straße, Zigarettenstummel, leere Alkoholflaschen, Hundehaufen und alles andere an Schmutz. Was spräche dagegen wenn so ein Arbeitsloser diesen Dreck einsammeln würde? Oder die Straßen an sich – viele Schlaglöcher die teuer durch Baufirmen aufgefüllt werden müssten. Warum nicht einfach Arbeitslose damit beauftragen diese Straßenschäden zu beheben? Unter Aufsicht versteht sich, sonst lungern die Burschen nachher noch volltrunken am Straßenrand herum oder vergiften sich mit dem Füllmaterial!

Das näher zu kommentieren ist eigentlich unnötig, zeigt es doch, welche “kompetenten” Köpfe ihr Kreuzchen bei der CDU machen. Ich persönlich frage mich ja immer, wie man CDU-Sympathisant sinnvoller einsetzen kann, die Antwort liefert hier der Noetlinger. Er hat da was verwechselt.

Die restlichen Beiträge sind nicht weniger inhaltlich hochwertig. So fragt sich Noetlinger hier, wie es denn sein kann, dass die 130.000 Unterschreiber der Petition gegen das Netz-Sperrgesetz “ungestraft” davon kommen.

Lieber Gott, schmeiß’ Hirn von Himmel! Ich geh’ dann erst mal kotzen! Das ist so übel, dass die Vermutung nahe liegt, dass es sich dabei im eine virale Guerilla-Aktion der ehemaligen Sozialdemokraten handeln könnte.
(via Fefe)

[Update] Stefan schreibt in den Kommentaren:

Steht ja auch unten auf der Startseite hellgrau auf weiß: “Diese Seiten sind Satire und nicht ernstzunehmen! ;)”

Gut, da bin ich ja beruhigt. Man möge mir das Übersehen nachsehen. Es ist schließlich Montagmorgen.

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Die Wende: Sommer 89

Ab hier wird es persönlich. Warum das so ist, steht hier.

Es war ein heißer Sommer, aber für mich anders als der, wie ihn Lutz Kerschowski gemeinsam mit Rio Reiser ein Jahr zuvor schon in der Ost-Berliner Seelenbinderhalle auf die Bühne brachten, und wofür Kerschowski einen ziemlich dicken Ärger kassierte. Für mich war er anders, objektiv betrachtet allerdings war er genau das, was die beiden 88 in die Menge sangen.

Ich war das letzte Mal in meinem Leben in einem Ferienlager. Truckenthal im Thüringer Wald. Ich war oft in einem Ferienlager. Manchmal zwei Mal während der Sommerferien. Vater war bei der „Truppe“, was umgangssprachlich für die Grenztruppen stand und bis zum Ende diesen Jahres 89 auch nicht sonderlich problematisch, sondern eher etwas Privilegiertes war. Die „Truppe“ hatte für den Nachwuchs ihrer Angehörigen Land auf, Land ab überall Ferienlager. Von den schönsten Stränden an der Küste bis in die schönsten und verwegensten Ecken im Thüringer Wald. Ich war in allen über die Jahre verteilt. Diese Ferienlager waren so was wie geschlossene Universen. Es waren militärisch geschlossene Bereiche, in denen ein Großteil der dort arbeitenden Erwachsenen angehörige der Grenztruppen waren. Die Küchenfrauen und die Betreuerinnen ausgenommen. Viele trugen Uniformen, was nichts Ungewöhnliches war, man kannte das. Es war überall das gleiche.

Es war ein heißer Sommer, auch der Sonne wegen. In dem Lager gab es ein riesiges Schwimmbecken, in dem wir fast täglich badeten, wenn wir die langen Wanderungen durch die umliegenden Wälder hinter uns gebracht hatten. Diese waren anstrengend, ja. Aber sie waren auch sehr lehrreich und immer mit Erfahrungswert. Die Betreuer machten damals mit den Kindern das, was heute Erlebnispädagogik genannt wird und zu jener Zeit schlicht „Beschäftigung“ hieß. Die Betreuer in diesem letzten Jahr waren irgendwie anders, als jene, die ich in den Jahren kennen gelernt hatte. Da waren es immer eher junge Frauen der Kategorie „Tante Pionierleiterin“, mit Bluse, strengem Blick und noch strengeren Regeln. Hier allerdings setzten sie sich aus einem bunten Sammelsurium an noch Studierenden zusammen, die später Lehrer werden wollten in der DDR. Mir bis dahin fremde Wesen. Wie Außerirdische. So wie Silke, die meine Gruppenleiterin war. Sie trug gänzlich schwarz, hatte schwarz gefärbte Haare, schwarz lackierte Fingernägel, schwarz geschminkte Augenlieder und manchmal ein lilafarbenes T-Shirt an, das ihr um Längen zu groß war. Sie hörte mir bis dahin fremde Musik von Allison …, The Cure und New Order. Sie war „Grufti“, wie ich erst später erfuhr. Abends, wenn die offizielle Nachtruhe einsetzte, saß sie sich mit den anderen Gruppenleitern unter diese typischen Holzdächer, die mit Baumschwarte gedeckt waren und unter denen sich jeweils ein Tisch und zwei Sitzbänke befanden. Sie grillten dann, tranken viel Kola mit Goldbrand, was sie „Futschi“ nannten und redeten bis in den Sonnenaufgang. Manchmal sehr laut, manchmal sehr emotional. Wir, in den Bungalows aus Naturholz, die irgendwie an das Haus von Daniel Boone erinnerten, hatten nachts deshalb weitestgehend unsere Ruhe. Das gab es so vorher in keinem anderen Ferienlager. Mitunter wurden wir in diesen nach militärischen Vorbildern sanktioniert, wenn wir die Nachtruhe all zu sehr störten. In Prora, so kann ich mich erinnern, wurde die Einhaltung der Nachtruhe von jungen Soldaten gewährleistet. Sie ließen uns mitunter dann aus den Betten steigen, brachten uns auf diese langen, nach Pisse stinkenden Flure und ließen uns dort „Haltung annehmen“, wie sie das nannten. „Haltung annehmen“ bedeutete, sich mit vorgestreckten Armen und leicht eingeknickten Knien vor sie zu stellen. Minutenlang, was einem mitunter wie Stunden vorkam. Wenn wir dann erklärten, dass wir nicht mehr so stehen könnten, hatten sie meistens ein Einsehen und ließen und noch 20 Liegestütze und 50 Kniebeuge machen. Sie wollten uns damit „müde machen“, was nur selten funktionierte, sich aber dennoch in manchen Jahren als nächtliches Ritual einschleifte. Wir hassten sie dafür, diese jungen Soldaten, die meistens nicht älter waren, als unsere großen Brüder.

Das zog sich durch die Jahre und gehörte letztlich zu den Ferienlagern genauso dazu, wie der immer grundsätzlich saure Tee, den es für jeden frei verfügbar aus den überdimensionierten Thermos-Bottichen gab, die irgendwie verlassen in den großen Speisesäälen standen. Ich glaube, der schmeckte immer so furchtbar sauer, weil die den erst dann nachfüllten, wenn diese Bottiche alle waren. Da der aber so sauer schmeckte, trank den keiner. Also stand er da und gärte geduldig vor sich hin. Heute würde ich hingehen und die Suppe einfach ausleeren, damit neuer reinkommt. Aber ich war Kind – ich trank Wasser aus der Leitung.

Sanktionen der obigen Art gehörten genau so dazu, wie die morgendlichen Fahnenapelle, die die volle Packung „Seid bereit“-Gedöns beinhalteten, der morgendliche Frühsport und die von mir verhassten Neptun-Feste, vor denen ich immer panische Angst hatte. Auch weil ich immer einer der Großmäuligsten der Gruppe war. Wenn „unbeugsam“ ein nicht so heroisierendes Wort wäre, würde ich schreiben, dass ich genau das war. Unbeugsam. Es traf mich nie, allerdings waren diese Stunden des Wartens ein Qual. Immer wenn ein Name aufgerufen wurde, hatte ich Angst, dass sich Neptuns Häscher auf mich stürzen würden, dann meinen Kopf erst in diesen stinkenden Holztrog, der mit allerhand ekelhaftem Zeugs gefüllt war, zu stuken um mich dann ins Wasser zu werfen. Es war in diesem Jahr, dass einer der zum Taufen auserkorenen es schaffte, den Häschern zu entkommen. Es war das einzige Mal, an das ich mich erinnere. Er kletterte über den Zaun, auf dessen Krone Stacheldraht gezogen war, was ihm einige Wunden einbrachte, und rannte einfach in den Wald. Sie fanden ihn nicht. Erst abends, nachdem das Fest lange vorbei und alle am Lagerfeuer saßen, kam er zurück. Als der Held vieler. Er bekam keinerlei Ärger für sein Verhalten. Das war bis dahin ein absolutes Unding!

Ich rede mir heute ein, dass ich es genau so getan hätte, wenn sie meinen Namen gerufen hätten. Zumindest aber hätte ich es versucht, vielleicht.

Diese unschönen Dinge gehörten eben genauso dazu, wie die wunderbaren Erinnerungen an diese Ferienzeiten. Die langen Busfahrten zu den Lagern, bei denen immer Spannung und mindestens tausend Erwartungen im Bus die Atmosphäre beherrschten, das frei Sein von den Eltern, die vielen besten Freundschaften, die wir alle schlossen, jene, die vor Ort Jahrtausende überdauern sollten und genau so lange hielte, bis man den Bus nach der Heimfahrt verließ, und in den Trabant der Eltern stieg.

Trotz der Eskapaden, die mir heute als Pädagoge das reinste Grausen durch den Kopf jagen, waren das wundervolle Wochen. Fast immer. Aber in genau jenem Sommer 1989 war vieles anders, war vieles so, wie ich es bis dahin nicht erlebt hatte. Ich wusste nicht was und ich wusste nicht warum.

Es war ein heißer Sommer, ihr Name war Nikki. Sie kam aus Berlin-Lichtenberg, wo ihr Vater irgendwo Kompanie-Chef war. Sie war ein Jahr älter, ich war fast 13. Sie war das schönste Mädchen, das ich bis dahin gesehen hatte. Wir trafen uns jede Nacht, wenn die Gruppenleiter ihre Debatten mit Suff anheizten, hinter einem der Bungalows. Immer an der fensterlosen Seite, damit uns niemand sehen konnte. Sie schenkte mir ihren ersten Zungenkuss, ich ihr den meinigen. Sie war das erste Mädchen, dem ich „unter’s T-Shirt“ ging. Es fühlte sich großartig an, sie fühlte sich großartig an, ich fühlte mich großartig. Wir machten dabei diese merkwürdigen Geräusche, die wir aus den Filmen kannten. Diese, die immer Freitagnacht auf SAT.1 liefen und die fast jeder sah, wenn die Eltern schon dem Schlaf verfallen waren. Wir lachten selber über dieses albernen Getue und machten ohne dieses weiter.

Tagsüber lagen wir oft auf dem Fußballplatz, guckten in die Quellwolken und erzählten einander, was jeder in diesen sehen konnte. Manchmal fiel der für uns völlig abstrakte Begriff “Freiheit”.

Ich glaube, wir glaubten damals nur, dass wir verliebt waren. Heute aber glaube ich, wir waren es wirklich. Zumindest ein bisschen. Wir schworen uns ewige Liebe. Auch, dass wir uns regelmäßig besuchen würden. Natürlich taten wir das. Nur: Berlin war für mich damals mindestens soweit weg, wie Leipzig, auch wenn ich nicht mal 30 Kilometer Luftlinie von ihr entfernt wohnte. Sich verabreden ging nur über Briefverkehr. Sich telefonisch zu erreichen war fast unmöglich weil telefonieren grundsätzlich fast unmöglich war. Es gab für den einfachen Bürger nur die Telefonzellen, in denen man zwar angerufen werden konnte, was aber auch erst verabredet werden musste. Es war hoffnungslos. Als ich den Bus verließ, der sie weiter Richtung Berlin bringen sollte, heulten wir uns die Augen aus den jungen Köpfen. Wir schrieben zwei, drei Mal hin und her. Wir sahen uns nie wieder.

Irgendwann aber, es muss 93 der 94 gewesen sein, lief ich über den S-Bahnhof Lichtenberg. Mir kam eine junge Frau entgegen, die genau so aussah, wie Nikki die Jahre vorher. Nur das Haar hatte sie jetzt nicht mehr ganz so blond. Sie blieb vor mir stehen – wir sahen uns schweigend an. Lange. Dann ging ich weiter, sie auch. Im Fortgehen drehten wir uns beide um und lächelten. Ich glaube, es war sie.

Ich spürte damals, das „etwas in der Luft“ lag, wie die Mutter es oft sagte. Da draußen in unserer kleinen Welt rumorte es und das war nahezu unmöglich, sich diesem gesellschaftlichen Gefühl zu entziehen.

Kurz vor diesem Sommer musste ich den Gruppenrat verlassen, auf dessen Mitgliedschaft ich so was von stolz war – kurz nach diesen großen Ferien im Sommer 89 wurde mir meine Mitarbeit im Freundschaftsrat verwehrt, mir mein Pioniertuch entzogen, mir die Möglichkeit genommen, in die FDJ eintreten zu können.

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Also auf so eine Playlist muss man auch erst mal kommen: Hihi.

01. Technotronic “Pump Up The Jam”
02. Basic Channel “Phyllps Trak II (Carl Craig Remix)”
03. Rhythm & Sound “Mango Drive”
04. Another Endless Groove “Stone Cold”
05. Squarepusher “My Red Hot Car”
06. Squarepusher “Do You Know Squarepusher?”
07. The Dub Syndicate “Crucial Tony Tries To Rescue”
08. Leftfield “Storm 3000″
09. The Prodigy “Break & Enter”
10. Ed Rush & Nico “Bludclot Artattack”
11. The Dub Syndicate feat. Akabu “Stoned Immaculate”
12. DJ Die “Stoned Groove”
13. J Majik “Your Sound (Remix)”
14. Sly & Robbie “Skull & Crossbones”
15. Smith & Mighty “Closer”
16. Marcus Intallex & ST Files “Way You Make Me Feel”
17. Colourbox “Shotgun”
18. Peter Gabriel “We Do What We’re Told (Milgram’s 37)”
19. Ohio Express “Pinch Me (Baby, Convince Me)”

Anhören: Red Bull Music Academy Radio – DJ Pinch
(via Tranquera)

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