Natürlich taugten Plattenbauten nie dazu, sie als Alleinstellungsmerkmal der DDR-Architektur zu verbraten. Die Bauweise ist international gängig, fiel mit dem Fall der Mauer aber dennoch gerade dem bundesdeutschen Westen mit Blick auf Ostberlin besonders ins Auge. So, als hätte es das Märkische Viertel in Berlin oder Hamburg-Steilshoop nie gegeben. Sei es drum.
Artes Karambolage hat sich die Geschichte der Plattenbauten der DDR mal genauer angesehen und ziemlich hübsch visualisiert. Ich bin in einem Vorläufer des Q3A aufgewachsen, habe Mitte der 90er die grauen Fassaden Marzahns unter bunte Farben gebracht und möchte darin nicht wohnen. Dennoch ergibt diese Art der Bauweise, imho, gerade heute wieder Sinn. Viele Wohnungen auf relativ kleinen Grundflächen zu schaffen, die dann auch noch bezahlbar sind, dürfte zu einer _der_ stadtplanerischen Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte gehören. So denn es
Redditor Koh-I-Noor hat in einem alten Garagenschrank längst vergessene Produkte gefunden, die noch in der DDR hergestellt wurden. Offenbar hat in diesem Schrank lange niemand mehr ausgemistet. Da werden Kindheitserinnerungen wach.
Meine allererste Woche in einem Ferienlager im thüringischen Truckenthal war der Horror. Von permanentem Heimweh geplagt, war der Umgang mit uns Kindern ziemlich militärisch geprägt. Es war ein Ferienlager für die Kinder von Grenzsoldaten – und genau so ging man dort zumindest teilweise auch mit uns Kindern um. Morgens Frühsport, Fahnenappell in Reihe und Glied. Abends dann, wenn wir noch nicht schlafen konnten oder wollten, mit eingeknickten Knien und nach vorne gestreckten Armen so lange im Flur stehen, bis die Schmerzen dafür sorgten, dass man nicht mehr nicht schlafen konnte oder wollte. Ein Graus, der dafür sorgte, dass ich mich schnell dagegen entschied, irgendwann mal Soldat zu werden. Unabhängig davon aber ging das nach einer Woche ganz gut.
In den Ferienlagern waren immer auch jede Menge Mädchen und ich neigte nicht selten dazu, mich instant in mindestens eines zu verlieben. Die Betreuerinnen waren meistens junge Studentinnen, die ziemlich cool waren und Musik hörten, die ich bis da noch nicht kannte. The Cure waren für mich ab da und bis heute noch eine immer hörbare Band. Also heute noch die Songs von damals.
Ich ließ mir immer Geld nachschicken. Wurde über die Jahre zu einem Running Gag. Die erste Postkarte ging raus und ich schrieb, dass ich mit der Kohle nicht hinkommen würde. Die Alten, die sich ja auch 14 Tage kinderfrei erkauft hatten, schickten frische Scheine, die ich in den kleinen Konsumläden auf den Geländen über die Jahre in „Antilopenpisse“ und Schlagersüßtafeln umsetzte.
Wir kamen immer mit den russischen Komsomolen zusammen und den Kids der polnischen Pionierorganisation. Wir kommunizierten und lernten voneinander. Manchmal prügelten wir uns auch mit ihnen, weil sie mit ihren Fake-Bravo-Stickern, von denen sie immer sehr viele hatten, den Mädchen mehr imponieren konnten, als wir mit uns und unserer Brause.
Nach der ersten Woche fuhr ich die paar Jahre darauf immer sehr gerne in die Ferienlager. Prora, Binz, Arendsee. Selbständig sein. Und so. Doppelstockbetten in Vielbettenzimmern, wobei es immer wichtig war, oben schlafen zu können. Mein erster Zungenkuss mit Nicole, die ich danach nie wieder sah – und nach der ich später auch deshalb mal im Netz gesucht und sie nicht gefunden habe. Wie wir Markus den Arm brachen, weil der so unfassbar krasses Heimweh hatte, dass er uns allen leid tat. Auch weil er die Nächte durchweinte, uns dabei am Schlafen hinderte und die Eltern ihn trotzdem nicht abholen wollten. Wir erinnerten uns dann an einen Film, in dem sich Silvester Stallone eine Nacht lang eine Seife in die Armbeuge schnürte (um die Knochen weich zu machen, suggerierte der Film), nahmen am Morgen danach eine Latte aus dem Lattenrost seines Bettes, er legte seinen Arm auf die dadurch entstandene Lücke und irgendwer sprang auf seinen Arm. Es knackte oder krachte nicht mal, aber er schrie als würde er gleich sterben. Kurz. Als später vom Lazarettsarzt kam lächelte er. Sein Eltern würden ihn in drei Stunden endlich abholen. Ich sah ihn nie wieder.
Es sind alles so kleine Momente, die sich in ihrer Summe meiner Erinnerungen zu etwas Großem zusammengetragen haben. Der immer schon saure Tee in den Thermo-Botten der Essensäle, der meistens nie gewechselt, sondern nur aufgefüllt wurde, was ihn ungenießbar machte. Der Geruch der nassen Handtücher, die nach den Reisen von Muttern meistens als „nicht mehr rettbar“ kategorisiert und weggeworfen wurden. Händchenhalten. Knutschen. Der erste Kuss mit Zunge. Einem Mädchen zum ersten Mal mit der Hand unters T-Shirt gehen. Sich verlieben. Beim Neptunfest als Aufgerufener über den Zaun abhauen und soweit in den Wald rennen, dass die Häscher keinen Bock mehr hatten, einem hinterher zu rennen. Dann erst im dunkeln zurückkehren. Neptun besiegt. Nachtwanderungen. Auf der Wiese liegen und in den Wolken Tiere erkennen. Sommer. Hitze. Der Geruch von frisch gemähtem Getreide. Ewig geschworene Freundschaften, von denen es keine über ein paar Briefe hinaus bis in die kommenden Winter schaffte. Sich schwören, im nächsten Jahr wieder zusammenzukommen. Es im nächsten Jahr vergessen haben, weil neue geile Leute am Start waren. Für den Osten meist außergewöhnlich alternative Betreuer, die abends meist gewöhnlich ziemlich betrunken, Gitarre klampfend am Lagerfeuer saßen und Bob Dylan sangen. Und The Cure.
Die bescheidenen Anlagen dieser Lager, die alles überall beschallen konnten und für deren Sound wohl auch eher studentische Aushilfen anstatt der Soldaten zuständig waren. Oder Soldaten, die es okay fanden, dass westliche Popkultur auch gerne an die Pioniere der DDR gehen konnte. Tarzan Boy, Bruce & Bongo, Forever young, Depeche Mode und immer wieder The Cure.
Verdammt geile Jahre, die paar drei, vielleicht vier. Ferienlager waren ein ganz großes Ding. Am Ende verbrachte ich 3/4 meiner Sommerferien darin und will rückblickend eigentlich auch auf keine Woche davon verzichten. Fiel mir gerade ein, als mich dieses Bildchen in Nostalgie versetzte. Sommer. Geil. Forever young.
Und Nicole, wenn du das lesen solltest, meld dich mal!
Kurzer Beitrag vom rbb über den letzten rollfähigen VT 18.16, einem dieselhydraulischen Schnelltriebzug der ehemaligen Deutschen Reichsbahn, mit dem ich selber nie gefahren bin. Andere hingegen schon.
Die VT 18.16 waren hochwertige Züge, die insbesondere für den internationalen Einsatz vorgesehen waren. Die infragekommenden Strecken waren nicht durchgehend elektrifiziert, zusätzlich hatten sich im europäischen Netz vier Bahnstromsysteme herausgebildet und betriebsfeste Mehrsystemfahrzeuge standen erst am Anfang der Entwicklung. Wie viele andere Bahnverwaltungen zur selben Zeit entschied sich die Deutsche Reichsbahn deshalb für die Beschaffung von Dieseltriebzügen. Sie wurden ab 1963 vom VEB Waggonbau Görlitz gebaut. Die Baumustereinheit war mit zwei 900-PS-Motoren ausgestattet und für 160 km/h zugelassen; daher stammt die Bezeichnung VT (für Verbrennungstriebwagen), 18 (für 1800 PS) und 16 (für 160 km/h). Die Serientriebwagen erhielten Motoren mit 1000 PS. Der Baumusterzug war mit den anderen Zügen nicht kuppelbar und wurde 1977 ausgemustert. Neben acht Triebzügen wurden sechs Zusatzmittelwagen (VMe) und zwei Reservetriebwagen (VTa 09 /10, später 175 017 + 019) gebaut.
[…]
Die SVT 18.16 verkehrten auf folgenden Strecken:
• Berlinaren: Berlin – Malmö (mit der Seestrecke Sassnitz–Trelleborg)
• Karlex: Berlin – Karlsbad
• Karola: Leipzig – Karlsbad
• Neptun: Berlin – Kopenhagen (mit der Seestrecke Warnemünde–Gedser)
• Vindobona: Berlin – Prag – Wien
• Berlin – Bautzen, der sogenannte „Sorbenexpress“
Ich war nie so der große Depeche Mode Fan. Daran hat sich bis heute nicht viel geändert. Mir ist aber klar, welchen schwerwiegenden popkulturellen Einschlag die Band in den 80ern mit sich brachte. Im Osten waren so gut wie alle Jugendlichen komplett aus dem Häuschen, wenn es um DeMo ging. Es war eine Epidemie die in meiner frühen Jugend immer präsent war.
Genau heute vor 30 Jahren, am 7. März 1988 wurde die Werner-Seelenbinder-Halle in Ost-Berlin der Ort für ein legendäres Konzert. Depeche Mode gaben ihr erstes und einziges Konzert in der DDR. Dort reinzukommen, war für viele ein Ding der Unmöglichkeit.
Eine reelle Chance die Karten auf legalem Weg zu kaufen, hatten sie sowieso nicht, denn die waren linientreuen Genossen und ihren Familien aus Ost-Berlin vorbehalten. Die tausenden Fans vor der Halle, die ohne Aussicht auf Eintritt und nur aufgrund eines Gerüchtes nach Ost-Berlin gekommen waren, interessierte das nicht. Für sie war es eine Sensation, die angesagte New-Wave Band in der DDR zu wissen. Aus der ganzen Republik reisten die Jugendlichen in die Hauptstadt. Depeche Mode war nicht nur eine Band, sondern ein Symbol für die Freiheit hinter dem eisernen Vorhang.
(Robert)
Der mdr hat nun zum 30. Jubiläum eine ziemlich umfassende Dokumentation über Depeche Mode in der DDR, auf die ich schon seit Tagen warte. Und auch wenn ich nie wirklich Fan war, finde ich sie verdammt sehenswert. Weil sie viel mehr beleuchtet als nur den musikalischen Aspekt. Samstag kommt die Doku auch im TV, ab jetzt aber schon in der mdr-Mediathek.
Das Autorenteam Heike Sittner und Nils Werner geht auf Spurensuche, wie es zu dieser Faszination Depeche Mode in der DDR gekommen ist und welche Parallelen es zwischen den jungen Musikern aus dem ostenglischen Basildon und der sozialistischen Jugend gibt. So wird das legendäre Konzert in Ostberlin mit den damaligen Veranstaltern, Musikexperten und Fans minutiös nachgezeichnet. Ebenso die Erfolgsgeschichte von Depeche Mode, ihre Anfänge in einem englischen Arbeiterort, ihre Schaffenszeit in Westberlin, ihre Einstellung zum Ostblock und ihr besonderes Verhältnis zu den Fans der DDR.
Meine Alten hatten bis auf eine Ausnahme nie Westgeld. Verwandte hatten wir „drüben“ keine und auch sonst keinen Zugang zu den „harten Devisen“. So gab es für uns keinen Grund, in einen Intershop zu gehen. Irgendwann aber in den 80ern fuhr mein Vater mit seinem Trabbi samt Familie mal zum Tanken. Vor uns stieg gerade ein Berliner in seinen Daimler 200 D, den er eben an einer Tanke im Land Brandenburg vollgetankt hatte. Er hatte seine lederne Herrenhandtasche auf das Dach seines Auto gelegt, um seinen Mantel auszuziehen. Bevor er losfuhr packte er diese nicht wieder ein, so dass die Tasche vom Dach rutsche. Mein Vater sah das, packte die Tasche und fuhr dem Mann durch das kleine Kaff hinterher, um ihn einzuholen. Als ihm das an einer roten Ampel gelang, übergab er dem Daimler-Berliner seine Herrenhandtasche, was diesen dazu bewegte, meinem Vater einen Finderlohn in Höhe von 100,00 DM zu überreichen.
Diese tauschte er in Forum-Schecks und wir gingen als komplette Familie in den Intershop am Flughafen Schönefeld. Sie kauften sich ein Kaffeeservice aus Porzellan mit Zwiebelmuster. Ich und mein Bruder entschieden uns nach ewigem hin,- und her für Cola ohne Ende und für jede Menge Autokarten, die auf den ostdeutschen Schulhöfen Statussymbole waren. Diesen Geruch konnte man nirgendwo anders riechen – ausser im Intershop. Das war so ziemlich mein einziger Einkaufsbesuch in einem Intershop. Hin und wieder gingen wir dann heimlich nochmal in den, der auf der Transit-Strecke Richtung Rostock auf dem Weg lag. Eigentlich nur, um uns am Geruch in diesen Laden zu erlaben. Den gab es nur dort.
Der mdr hatte schon im letzten Jahr eine kurzweilige Reportage darüber, wie das so war damals: Die Intershop-Story.
Erst Mitte der 1970er-Jahre durften sie im Intershop einkaufen. Zuerst mit D-Mark, ab Ende der 1970er nur noch mit den sogenannten „Forum“-Schecks. Der Name des Zahlungsmittels verrät, wer hinter dem Intershop steckte: die „Forum-Außenhandelsgesellschaft mbH“. Sie gehörte zur „Kommerziellen Koordinierung“ von Honeckers obersten Devisenbeschaffer Alexander Schalck-Golodkowski.
Während sich Ostdeutsche im Intershop den kleinen Traum vom Westen erfüllten, war er für Westdeutsche ein Schnäppchenparadies, in dem sie Zigaretten, Spirituosen, Kaffee, Parfum und vieles mehr ohne Zoll und Steuern und damit viel günstiger als in der Bundesrepublik oder Westberlin kaufen konnten. So florierte das Geschäft vor allem an den Transitstrecken. Das zeigen einzigartige Fotos eines westdeutschen Journalisten.
Reinhard Kungel, ein damals noch ein recht junger Journalist aus dem Westen im Jahre 1990 im Osten. Interessiert offenbar und auch aufgeschlossen. Fast drei Jahrzehnte später kommentiert er die damals in Auftrag gegebenen und gemachten Aufnahmen ohne Arroganz und dennoch nicht fernab von feiner Ironie. Ein großartiges Zeitdokument, das so viele Erinnerungen in mir weckt und gerade in der mdr-Mediathek zum Stream geparkt wurde. Ich habe das als Kind fast alles sehen können, mein Alter legte Wert darauf, die ganze DDR zu bereisen – weiter kamen wir ja nicht.
Thüringen, MV, Sachsen, Potsdam, Berlin, alles gesehen damals. Alles aus anderem Blickwinkel erlebt, natürlich. Gut, zu erfahren, wie man darauf damals von draußen drauf gesehen hat. Nur die „fliegenden Händler“ waren für mich damals kein Ding.
Im Mai 1990 war die Maueröffnung erst ein paar Monate her und die Wiedervereinigung noch nicht vollzogen. Dokumentarfilmer Reinhard Kungel fuhr genau in dieser Zeit mit seinem Team in die (Noch-) DDR.
Ein schon älteres Radio Feature anlässlich des Neonaziüberfalls, der am 17. Oktober 1987 auf die Berliner Zionskirche stattfand. An einem Abend, an dem dort Element of Crime spielte. Dazu hatte ich hier schon eine TV-Doku.
Auch in Erinnerung an Silvio Meier, dessen Ermordung sich gestern zum 25. Mal jährte und der dieses Abend in der Zionskirche damals mit organisiert hatte. Lesenswerter Text über ihn.
Als am 17. Oktober 1987 die Besucher eines Punkkonzerts in der Berliner Zionskirche von Neonazis überfallen wurden, konnte nicht mehr verschwiegen werden, dass es auch in der DDR Rechtsextremismus gab.
Eine Analyse zeigte, dass auffallend viele Kinder hoher SED-Funktionäre Neonazis waren. Vier von ihnen sprechen über dieses Thema. Mit zuvor unveröffentlichten MfS-Dokumenten und Interviews mit Rechtsextremismus-Experten beleuchtet der Autor die Hintergründe des oft noch tabuisierten Kapitels DDR-Geschichte.