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Kategorie: Die Wende

Eine Depeche Mode-Party 1988 im Zwickauer Jugendclub „Vaterland“

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Ich wusste, dass es damals viele waren, die ihr Herz an Depeche Mode verschenkt hatten. Meine Cousine liebte die, fast alle Freundinnen, die mein Bruder damals so mit nach Hause brachte, liebten die, ein paar Jahre später in der Clique waren die interessantesten Mädels alle Gruftis und die liebten die natürlich erst recht.

Ich mochte DeMo nie sonderlich gerne. Der Sound war mir immer zu kalt und außerdem mochten die irgendwie alle, was alleine schon ein Grund war, da ein bisschen in die Opposition zu gehen. Natürlich. Ich musste schon damals nicht jeden Scheiß mitmachen und während die alle Depeche Mode hörten, hörte ich halt Ärzte. Oder Rio. Oder Schlimmeres.

Dass dieser Wahn um Depeche Mode in der DDR allerdings derartige Ausmaße annahm, darüber war ich mir bis eben nicht klar. Dass es sogar ganze Partys gab, die man Gahan, Gore, Wilder und Andy Fletcher widmete, schon gar nicht. Erst recht nicht in Zwickau, erst recht nicht in einem Jugendclub, der den Namen „Vaterland“ trug. Was für ein wundervolles Zeitdokument.

Robert hat dazu eine Geschichte bei sich aufgeschrieben, die belegt, dass das nicht nur in Zwickau so lief.

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„Von den tausenden Depeche Mode Fans, die an einem eiskalten Tag im März 1988 zu einem Konzert in der Werner-Seelenbinder-Halle in Ost-Berlin pilgerten, hatten die wenigsten eine Eintrittskarte. Nirgendwo ein Hinweis darauf, dass die Band tatsächlich an diesem Tag dort auftrat und doch waren die allein die Gerüchte ausreichend, eine Massenwanderung schwarz gekleideter Menschen auszulösen. Es muss ein Gefühl von Morgenluft gewesen sein, als man dann erfuhr, dass Depeche Mode tatsächlich dort aufgetreten war, ein Gefühl, dass die DDR ihren andauernden Kampf gegen die Musik des imperialistischen Westens nicht mehr ganz so akribisch durchzog. 1988 muss es dann eine ganze Welle von Depeche-Mode Partys gegeben haben, die in jeder größeren Stadt die Fans der Band anlockte. Vielleicht war es die Zuversicht, dass die Band, die auf dem Geburtstag der FDJ spielen durfte, nun zu den geduldeten Musiker der DDR zählte? So wundert es jedenfalls nicht, dass die jungen Menschen vor dem Zwickauer Jugendclub “Vaterland” ausgelassen auf den Einlass zur angekündigten Depeche Mode Party warten.“

http://youtu.be/8Way2bDvg6I
(Direktlink, via Spontis)

http://youtu.be/ObvUmVRVo4I
(Direktlink)

Es gab da auf YouTube auch mal ein Video, das das Depeche Mode-Interview mit dem Staatsfernsehen der DDR im Jahre 1988 zeigte. Das allerdings wurde über die Jahre leider gelöscht. Man kennt das.

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25 Jahre nach dem Mauerfall: das Essay einer Ostlerin

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(Foto unter CC BY-SA 2.0 von Sludge G)

Anja Maier, Parlamentsredakteurin der taz und Buchautorin, ist mit Jahrgang 1965 einiges älter als ich und schreibt in der taz über ihre bundesdeutsche Identität 25 Jahre nach dem Fall der Mauer. Ich würde das gerne unterschreiben wollen. Toller Text, in dem ich mich gut wiederfinden kann.

Ich bin Ostlerin. Aber um das gleich klarzustellen: Das bedeutet schon ein bisschen mehr, als Berlinerin zu sein oder Brandenburgerin. Ostlersein markiert Herkunft und Zugehörigkeit. Und einen Minderheitenstatus, den ich situationsbedingt entweder liebe oder hasse. Gleichgültig ist er mir jedenfalls nicht.

[…]

Und bis zur NSA-Affäre hatte ich viel Zeit, meine Abhör-Paranoia zu killen.

[…]

Doch innerlich bleibe ich weiter auf Distanz. Vielleicht ist es ja bequemer so, schließlich ist so ein Außenseiterstatus durchaus vorzeigbar. Womöglich aber liegt es auch an dem einmal gefassten Entschluss, mich nach der Erfahrung mit der DDR zu nichts und niemandem mehr bekennen zu wollen. Staat, Gemeinschaft, Team? Ich bin dabei, aber die Anforderungen einer wie auch immer gearteten Gruppe werden nie wieder größer werden können als meine eigenen Bedürfnisse. Einer Partei angehören zu wollen, fiele mir nicht im Traum ein.

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Staatsbürgerkunde Podcast über DDR-Sprech

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Superinteressanter Podcast von Staatsbürgerkunde, der schon etwas älter ist, was ihn allerdings kein bisschen weniger hörenswert macht.

In den zwei Stunden geht es um den journalistischen Sprachgebrauch in der DDR mit primärem Blick auf den Output des NDs, des Neuen Deutschlands. Ich erkenne meinen damaligen Erkenntnismehrwert doch öfters mal wieder.

Die Sendungen von Staatsbürgerkunde sind übrigens für die am Thema Interessierten immer recht hörenswert.

Dieses Mal geht’s um das, was in der Zeitung steht. Eigentlich als „vierte Gewalt“ in einem Staat mit der Aufgabe betraut, den Regierenden und Mächtigen auf die Finger zu schauen, können die Medien auch anderweitig „verwendet“ werden. Mit Constanze Kurz, Kai Biermann und Martin Haase vom Neusprechfunk habe ich mich in Berlin getroffen, um über den typischen „DDR-Sprech“ zu diskutieren. Wir analysieren Artikel des „Neuen Deutschlands“ auf Informationsgehalt und sprachliche Mittel, befassen uns ein wenig mit Pressetheorie und betrachten sprachliche Umdeutungen im offiziellen Sprachgebrauch. Zwei Stunden Gesprochenes über Sprache erwarten Euch!

[audio:http://www.staatsbuergerkunde-podcast.de/wp-content/podcasts/SBK040_DDR-Sprech.mp3]
(Direktlink, via E-Gruppe)

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Die „DDR Revue“ über Westdeutsche, die in den Osten übersiedelten

Schönes Zeitdokument, auch wenn die Qualität eher „übersichtlich“ ist. Die „DDR Revue“, ein Magazin aus der DDR, herausgegeben von der Gesellschaft für Kulturelle Verbindungen mit dem Ausland und der Liga für Völkerfreundschaft der DDR, befragte – ich vermute in den frühen 60ern – noch junge Westdeutsche, die gerade in die DDR übergesiedelt waren zu ihren Lebensumständen. Vermutlich hatte man damals nur die guten Seiten dessen auch gedruckt, aber das war ja meistens so. Vielleicht war das auch schlicht nur Mittel der Propaganda. Hier das PDF.

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(via reddit)

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Vor 20 Jahren: Hausbesetzer in Potsdam

Spiegel TV war Mitte der 90er in Potsdam und hat sich die Situation der Hausbesetzungen angesehen. Das ist vor allem interessant, weil deutlich wird, wie zerfickt diese Stadt zur Nachwendezeit aussah und wie man dennoch nicht bereit war, das alles ohne weiteres aufzugeben oder dem generellen Zerfall durch Leerstand zu überlassen. Und auch wenn damals die Investoren manchmal mit dem Koffer voller Geld und unverrichteter Dinge wieder abzogen, ist heute so gut wie fast alles hier verkauft, geputzt, auf schön geföhnt und nur schwerlich bezahlbar. Auch für nicht mehr Jugendliche. Auch außerhalb des Stadtzentrums.

Die Hausbesetzer-Bewegung der achtziger Jahre feiert 1994 in Potsdam im holländischen Viertel Wiederauferstehung — aus den Ruinen der DDR-Wohnungswirtschaft ebenso wie aus den Ruinen des Einigungsvertrages.

http://youtu.be/C1lRNpfRb-g
(Direktlink, via FB)

Hier noch die tollen Fotos, die Jörg Schäfer zu der Zeit von der Szenerie gemacht hatte und nach dem Klick noch unkommentierte Aufnahmen von 1993.

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Online-Ausstellung: DDR-Medien im Wandel

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Interessantes Online-Projekt, welches in Kooperation zwischen dem DDR Museum und Medientechnik-Studenten der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur in Leipzig entstanden ist: DDR-Medien im Wandel. Mit der Seite ist eine interaktive Ausstellung entstanden, die – wie der Name schon vermuten lässt – den Fokus auf Mediennutzung in der DDR legt. Dazu sind neben Texten auch Film- und Tonaufnahmen gesammelt und angefertigt worden. Es geht um Funk, Fernsehen, Zeitungen, Computern und natürlich auch um Musik.

Alle dazu gehörigen Videos stecken in dieser Playlist hier, die man durchaus einfach durchlaufen lassen kann. Alle weiteren Infos dann auf der Seite.


(Direktplaylist)

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Leipzig im Sommer 1989 – Ein Film von Peter Wensierski

Eins sehr kritischer Beitrag aus dem Inneren der DDR noch vor den ersten Montagsdemonstrationen.

Mehr zu Peter Wensierski, der offenbar kein großer Freund der politischen Verhältnisse in der DDR war.

Ich habe meine Kindheit anders in Erinnerung, aber ich wurde nicht in Leipzig groß.

Dieser Film entstand im August 1989. Er zeigt die Stimmung der Bevölkerung in Leipzig kurz vor der ersten Montagsdemonstration. Heimlich gedreht mit den Kameras der DDR-Opposition – heimlich, aber auf offener Strasse und in den Wohnungen.Zu sehen sind Bilder vom Verfall der Stadt. Zu sehen sind vor allem ganz „normale“ Leipziger Bürger,keine politischen Oppositionellen, die sich offen über die unhaltbaren Zustände in der DDR äußern. Am Ende des Films sieht man die Organisatoren und „Rädelsführer“ der Leipziger Montagsdemonstrationen, die dabei oft in der ersten Reihe gingen. Es sind Uwe Schwabe, Katrin Hattenhauer und andere junge Leipziger, kaum älter als 20 Jahre.


(Direktlink, via Fundstücke)

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Doku: Here we come – Breakdance in der DDR

Irgendwer war so freundlich und hat die tolle 2008er Doku „Here we come“ über Breakdancing in der DDR der 80er Jahre auf die Tube geladen. Wenn er dort nicht von offizieller Seite kommt, bleibt er da vermutlich nicht lange, aber auch die DVD kann und sollte man trotzdem gesehen haben.

„Wir sind hier in Dessau und nicht in New York!“

http://youtu.be/QRII3bBEv6o
(Direktlink)

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Wendejahre – Ein exemplarisches Tagebuch der deutschen Wiedervereinigung

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Ein sehr schönes Projekt von Robert Rückel für das DDR Museum auf Googles Cultural Institute, welches diese doch verhältnismäßig kurze Zeitspanne auf Basis von persönlich Erlebtem zusammenfasst und mit geschichtlichen Fakten und Eckdaten untermauert. Dazu kommen allerhand Bilder und Videos zu diesem Thema, die das Internet so hergibt. Ein tolle Variante, das alles in Geschichte zu bündeln.
(via DDR Museum)

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Die Techno-Fibel „Der Klang der Familie“ kommt als Doku ins Fernsehen

Felix Denk und Sven von Thülen haben mit ihrem Buch „Der Klang der Familie“ vor zwei Jahren ein Must Read über die Zeit nach dem Mauerfall und den Techno in Berlin veröffentlicht. Dieses fasst so ziemlich all das zusammen, was meine Liebe zum Techno damals gebar und zum Teil heute noch ausmacht. Außerdem spiegeln sich darin ganz wunderbar die Wochenenden meiner Jugend.

Und weil das Buch schon so klasse war, kommt nun vom selben Team noch eine Doku hinterher. Ausgestrahlt wird diese wohl am 27. Juli auf arte, hier ist der Trailer. Und wenn ich an dem Tag nicht auf irgendeinem Techno-Festival rumgurke – ist schließlich Sommer – werde ich mich ganz gepflegt vor den Fernseher hocken und auf arte eine kleine Zeitreise ins verrückte Berlin nach dem Mauerfall unternehmen. Mit ganz viel Techno und noch viel mehr Liebe. Ein Grund zur Vorfreude.

http://vimeo.com/95724516
(Direktlink, via Tanith)

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